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WAZ: Ringen um Sparhaushalt: Nicht für Brüssel - Leitartikel von Stefan Schulte

Essen (ots)

Dass man nicht mehr ausgeben darf, als man einnimmt,
versucht ein Heer zunehmend frustrierter Schuldenberater einer
zunehmend frustrierenden Zahl von Privatpleitiers zu vermitteln.
Warum sollten es ihre Repräsentanten in Berlin da besser machen?
Sehenden Auges, zielstrebig geradezu marschiert Deutschland in die
Schuldenfalle. Mit dem Argument, man dürfe sich schließlich auch
nicht kaputtsparen. Also pumpt sich Deutschland eben kaputt.
Wem das übertrieben scheint, der blicke in Deutschlands Testament:
1,4 Billionen Schulden vererbt der Staat, also wir, unseren
Nachkommen. Bis jetzt. Dabei überfordert uns schon das bisschen, das
wir selbst zurückzahlen müssen. 40 Milliarden Zinsen kosten dieses
Jahr die Altschulden. Das sind Investitionen in die Vergangenheit,
wie die 80 Milliarden Rentenzuschüsse. Für Investitionen in die
Zukunft haben wir noch 22 Milliarden übrig – von zehn Euro unserer
Steuergelder ist das nicht mal einer.
Die verquere Kaputtspar-Logik geht so: Gerade weil der Staat nur
noch so wenig für seine eigentlichen Aufgaben hat, darf er in
Krisenzeiten nicht sparen. Jeder weiß, dass dadurch alles noch
schlimmer wird, aber erst im nächsten Jahr. Politiker haben noch
immer einen Grund gefunden, warum dies der falsche Zeitpunkt zum
Sparen ist.
Das schreiend Ungerechte daran ist, dass die Leidtragenden nicht
schreien können. Weil sie zum Großteil noch nicht geboren sind. Für
unsere Kinder und deren Kinder müssen wir sparen, nicht für eine
willkürlich gezogene Defizitgrenze aus Brüssel.
Kluge Köpfe aus dem in der Politik verfemten Stand der Professoren
fordern daher die Radikallösung: Der Politik das Schuldenmachen aus
der Hand zu nehmen. Unabhängige Experten könnten festlegen, wie hoch
die Neuverschuldung in einem Jahr sein darf. Die Regierung muss dann
sehen, was sie mit dem Geld anfangen will.
Dass Politiker doch verantwortlich mit unserem Geld umgehen
können, soll nun ausgerechnet eine große Koalition zeigen. Sie wird
es nicht schaffen, wenn sie der Versuchung breitestmöglicher
Konsenspolitik erliegt. Steinbrück und Koch geben sich alle Mühe, dem
zu widerstehen. Doch ist es nicht an ihnen, sondern an Merkel und
Müntefering, ein Sparpaket gegen die anderen Ressorts durchzusetzen.
Mit einer Ausnahme bitte: Forschung und Entwicklung.

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