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WAZ: Freiheit ist nur ein Wort - Kommentar von Christopher Onkelbach

Essen (ots)

Mehr Freiheit, mehr Autonomie haben sich die
Hochschulen seit Jahren gewünscht. Das haben sie jetzt davon:
Pinkwarts „Hochschulfreiheitsgesetz”. Doch nach einer ersten Prüfung
kommen die Hochschulen zu dem Schluss: Der Entwurf verdient seinen
Namen nicht. Er sei schlicht eine Mogelpackung.
Das NRW-Gesetz geht konsequent den Weg weiter, der von der
Hochschulpolitik schon seit Jahren beschritten wird. Der Geist des
„Neoliberalismus” wird verdächtigt, verdrängt zu haben, was zuvor das
Bildungs- und Wissenschaftsverständnis prägte. Wettbewerb wurde zum
Leitbild der Hochschulpolitik sowie das Versprechen einer größeren
Eigenständigkeit im Verhältnis zum Staat. Das muss nicht zum Nachteil
der Bildung sein, es kommt eben darauf an, wie weit man es treiben
will.
Nun kann man Hochschulen sicherlich nicht nachsagen, sie seien
besonders fix und flexibel, wenn es um Reformen geht. Ihre
Beharrungskräfte sind groß und die Politik muss schon kraftvoll
ausholen, will sie die Uni-Tanker auf neuen Kurs bringen. Doch ist
die Kritik, die nun laut wird, nicht nur einem akademischen
Konservatismus geschuldet, der Veränderungen aus Prinzip nicht liebt
und sich ungern 'reinreden lässt.
Die versprochene Freiheit von staatlicher Aufsicht ist nur eine
halbe, wenn an den Hochschulen ein neues Leitungsgremium geschaffen
wird, auf dessen Besetzung der Minister entscheidenden Einfluss hat.
Die wichtigen Weichenstellungen über die Zukunft einer Hochschule
würden also von einem Gremium getroffen, das kein
Selbstverwaltungsorgan der Hochschule mehr ist und in dem der Staat,
der sich ja zurückziehen wollte, indirekt mitredet.
Auch über das Instrument der „Zielvorgaben” kann der Staat stärker
als zuvor in die Belange der Hochschulen hineinregieren. Wer die
verabredete Zahl von Absolventen, Forschungseinrichtungen oder
Fördergelder nicht erzielt, wird finanziell bestraft. Das kann dahin
führen, dass nicht die Hochschule belohnt wird, die etwas Neues wagt,
sondern jene, die ihre Ziele so steckt, dass sie möglichst leicht zu
erreichen sind. Schon jetzt reden Rektoren hinter vorgehaltener Hand
davon, dass man in Zukunft mit „Orchideenfächern” keinen Blumentopf
mehr gewinnen kann. Auch mit der Lehrerausbildung nicht, das bringt
keine Forschungsgelder (Drittmittel) ein. Im Sinne der Bildung ist
das wohl kaum.
Der Druck auf die Hochschulen wird steigen. In Zukunft sollen sie
nur noch 75 Prozent ihres Etats erhalten. Den Rest müssen sie sich
durch Leistung „verdienen”, oder eben nicht. Hochschulen sollen sogar
pleite gehen können („Insolvenzfähigkeit”) – übrigens einzigartig in
Deutschland. Das wirft neben rechtlichen Problemen die Frage auf, ob
hier der Wettbewerbsgedanke nicht zu weit getrieben wird. Will die
Politik zusehen, wer am Ende übrig bleibt?

Rückfragen bitte an:

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