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WAZ: Große Koalition kassiert ab: Kein echter Sprung in die Zukunft - Kommentar von Hendrik Groth

Essen (ots)

Sind Sie CDU-Wähler? Herzliches Beileid! Dass Sie es
vorher hätten wissen müssen, das kann man Ihnen wirklich nicht
vorwerfen. Die Äußerungen der letzten Jahre waren doch einigermaßen
klar. Senkte Rot-Grün die Steuern, wollte die Union noch niedrigere
Sätze. Wurden die Lohnnebenkosten stabilisiert, war das für die
Christdemokraten halbherzig oder mieses Handwerk. Letztendlich
sollten große Reformen angepackt werden, weniger Staat, weniger
Bürokratie und das alles aus Liebe zu Deutschland.
Wer hätte deshalb damit rechnen können, dass eine von der CDU
geführte große Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel das Abkassieren
bei den Bürgern zu ihrer Top-Disziplin entwickelt? Vielleicht hilft
den Regierenden kurzfristig, dass die WM für Partystimmung sorgt. Der
Kater wird kommen, der Kopf wird dröhnen und dann wird auffallen,
dass es keinen Politikwechsel gegeben hat und dass der von Merkel in
ihrer ersten Regierungserklärung geforderte Mut zur Freiheit ein
Lippenbekenntnis war.
Eine kleine Bestandsaufnahme: Merkel und ihr SPD-Finanzminister
Steinbrück verantworten den größten Schuldenhaushalt in der
Geschichte der Bundesrepublik. Es wird die höchste Steuererhöhung in
der Geschichte der Bundesrepublik geben. Die Rentenbeiträge steigen,
die Rente mit 67 ist de facto eine Rentenkürzung, die
Gesundheitsreform wird teuer, vor allem für die Beitragszahler. Hier
stehen insgesamt Beträge im Raum, die es vielen Haushalten unmöglich
machen könnten, die gleichzeitig geforderte und nötige Riesterrente
abzuschließen oder zu bedienen.
Sozialdemokraten, aber auch Christdemokraten wollen keinen – so
ihr neuestes Schlagwort – unterfinanzierten Staat. Damit
rechtfertigen sie vor allem ihr fantasiereiches Tun, wenn es darum
geht, mehr einzunehmen. Zeitgleich kaschieren sie damit, dass sie zu
echten Strukturreformen auf der Ausgabenseite nicht fähig sind. Vor
allem der Mittelstand wird in die Zange genommen. Angela Merkel irrt,
wenn sie glauben sollte, durch Aussitzen à la Helmut Kohl die
Probleme in den Griff zu bekommen. Eine gewagte These sei hier
vorgetragen. Sollten der Bevölkerung schlüssige Konzepte vorgestellt
werden, wie dieses Gemeinwohl langfristig neu aufgestellt werden
könnte, dann wären die Menschen zu Opfern bereit. Was aber bislang
die mit überwältigender Mehrheit ausgestattete Koalition zu Wege
gebracht hat, ist eine herbe Enttäuschung. Nur 34 Prozent für die
Union in der aktuellsten Umfrage sagen alles.

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