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WAZ: Nicht nur lästig dazwischenreden - Kommentar von Jürgen Frech

Essen (ots)

Einmal mehr steht die Mitbestimmung auf dem
Prüfstand. Unter Führung der Biedenkopf-Kommission soll die 
Beteiligung der Arbeitnehmer am betrieblichen Entscheidungsprozess 
auf eine neue Grundlage gestellt werden. Gerade im Ruhrgebiet weiß 
man um die Bedeutung dieses Themas, denn nirgendwo sonst war der 
wirtschaftliche Umbruch über Jahrzehnte so stark. Ohne die 
Mitbestimmung, ohne eine faire Einbindung jener, die unter den 
Hammerschlägen am meisten zu leiden hatten, wäre dieser Prozess gar 
nicht möglich gewesen. Das räumen selbst viele Unternehmer ein.
Manche von ihnen meinen dabei aber eher die Betriebsräte, nicht 
hingegen die Aufsichtsräte oder die Funktionäre in fernen 
Gewerkschaftszentralen. Sie übersehen, dass diese Räder nicht 
isoliert sind, sondern ineinander greifen. Beispiele, wo das nicht 
funktioniert oder sich - wie bei VW - ein ganzes System dem Spott 
preisgab, gibt es zwar. Daraus aber einen Generalangriff abzuleiten, 
ist unredlich.
Natürlich sind Reformen nötig, vor allem deshalb, weil durch die 
Fusionswelle der vergangenen Jahre viele europäische Unternehmen 
entstanden, deren Sitz Deutschland sein mag, die aber oft mehr 
Mitarbeiter im Ausland als im Inland haben. Ein Exportschlager ist 
die Mitbestimmung auch nicht geworden. Viele Betriebsgründungen in 
Deutschland erfolgen sogar nach britischem Recht, um die 
Mitbestimmung zu umgehen. Dabei ist die Angst vor einem paritätisch 
besetzten Aufsichtsrat unbegründet, denn er setzt das kapitalistische
Gesetz, wonach der Eigentümer entscheidet, in keiner Weise außer 
Kraft. Schließlich entscheidet bei Stimmengleichheit die Zweitstimme 
des Vorsitzenden, und den stellt die Eigentümerseite.
Auch ohne Parität wäre jeder Aufsichtsrat aufgerufen, Lösungen zu
finden, die von allen getragen werden können. Das ist nicht nur 
demokratisch, sondern fördert auch Identität und Bindungskraft. Die 
Parität erhöht diesen Druck nur und trägt dazu bei, dass 
Mitbestimmung, wie schon der CDU-Politiker Karl Arnold fand, "kein 
lästiges Dazwischenreden" sein darf, "sondern die große innere 
Bereitschaft, an fundamentalen Zukunftsausgaben gleichrangig 
mitzuwirken". Warum also der Widerstand? Ist es der Wunsch, den 
Arbeitnehmern bildlich zu demonstrieren, dass sie am Tisch der Großen
nur Zaungäste zu sein haben? Diese Einstellung würde der 
Sozialkultur, die die deutsche Wirtschaft seit 1945 auszeichnete, 
nicht gerecht. Und ein "Irrtum der Geschichte", wie der frühere 
BDI-Chef Rogowski formulierte, ist die Mitbestimmung schon gar nicht.

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Telefon: (0201) 804-0
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