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WAZ: Ende der Sommerpause: Union im Streit, SPD im Aufbruch - Kommentar von Angela Gareis

Essen (ots)

Hebt man den Blick vom Tagesgeschäft und von den
dazugehörigen Umfragen, dann scheint sich der instabile Zustand der 
Union ebenso zu verstetigen wie der stabilisierte Zustand der SPD. 
Kurt Beck, der seine Partei zunächst mit umherschweifenden 
Grundsatzreden langweilte, präzisiert Woche um Woche einen Kurs. Er 
versammelt die Flügel der Partei hinter sich und der Botschaft: 
Leistung muss sich wieder lohnen. Geklaut hat er den Satz bei der 
CDU. Aber die klaut auch bei der SPD.
Ausgehend von den identischen Grundwerten der Volksparteien 
"Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität" geht es darum, wer rasch 
und schlüssig ein Programm entwickelt, das auf eine Mitte zielt, die 
so leicht nicht zu bestimmen ist. Beck hat sie als "Leistungsträger" 
definiert und mit der "Durchlässigkeit" für jene am Rand kombiniert, 
die ihre letzten Hoffnungen derzeit bei der Linkspartei unterbringen.
Die Union dagegen klammert sich in großen Teilen an ein 
christlich geprägtes konservatives Bürgertum, das sich seit einiger 
Zeit vor ihren Augen auflöst. Angela Merkel muss erst ihre Partei für
moderne Lebensmodelle öffnen, bevor sie eine Mitte definieren kann. 
Das gestaltet sich zäher, als sie vermutlich erwartet hat. Die 
Preisgabe konservativer Leitbilder erschüttert die Union in ihrem 
Selbstverständnis. Wenn CSU-Chef Edmund Stoiber vor einer weiteren 
Zersplitterung der Volksparteien warnt, dann meint er die Union.
Die SPD hat zwei Spaltungen (Grüne, Linkspartei) überlebt und bei
der Bundestagswahl mit der Union fast gleichgezogen. Die Gründe für 
das schlechte Ergebnis der Union wirken sich jetzt massiv im 
Tagesgeschäft aus. Denn das neoliberale Profil von Merkel lehnten 
erst die Wähler ab, dann tat sie es selbst und verspielte solides 
Vertrauen in die Wirtschaftskompetenz der Union.
Der Wirtschaftskompetenz könnte sich die SPD bemächtigen, weil 
sie sich zum einen im achten Jahr ans Regieren gewöhnt, und weil zum 
anderen in der Koalition fast alle wichtigen Projekte mit 
Sozialdemokraten verknüpft sind, mit Franz Müntefering, Peer 
Steinbrück und Ulla Schmidt. Die Außen- und Sicherheitspolitik 
besetzt Frank-Walter Steinmeier hervorragend. Mit Michael Glos und 
Franz Josef Jung wirkt die Union im Kabinett eher handlungsarm.
Die Risiken für die SPD heißen Misserfolge der Koalition und SPD.
Die nächsten Monate werden zeigen, ob Beck die komplizierte Partei 
führen kann, ob also Leistung sich auch bei der SPD wieder lohnt.

Rückfragen bitte an:

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Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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