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WAZ: Kinderschwund in Deutschland: Der ängstliche Mann - Kommentar von Thomas Mader

Essen (ots)

Christian ist Papa geworden, und wir treffen ihn
beim Babyschwimmen. Sozusagen in seinem natürlichen Element: mit 
Jonas Hosenscheißer. Wie souverän Christian mit diesem fremden 
kleinen Wesen herumfuhrwerkt - Babyschale schwuppdiwupp, 
Schwimmwindeln an und ab ins Becken - wie er schamlos Robbenlaute 
imitiert, das ist beeindruckend selbstzentriert. Christian hat sich 
verändert.
Veränderung ist etwas, vor dem viele Männer offenbar Angst haben 
- besonders Männer, glaubt man einer repräsentativen Umfrage des BAT 
Freizeitforschungsinstituts. Fast die Hälfte einer Generation (43 
Prozent der 18- bis 39-Jährigen) hat Angst davor, Verantwortung zu 
übernehmen und stellt zugleich den Wert Freizeit über den Wert 
Familie. Nur jede vierte Frau teilt diese Haltung. Sind Männer also 
die eigentlichen Nachwuchsmuffel, Demografie-Killer, 
Rentensystem-Unterwanderer? Ewige Trendsportler, Junggebliebene, 
Partykönige, unfähig zur Bindung?
Es gibt wie immer viele Gründe, halb wird er gezogen, halb wird 
Mann geschoben: der schreckliche Arbeitsmarkt, das Hingehaltenwerden 
in Praktika und befristeten Stellen. Die organisatorischen 
Schwierigkeiten, die ein Kind mit sich bringt. Der Einkommensverlust.
Und ja, auch dass man Freunde nicht mehr so oft sieht. Die 
Arbeitenden und der Vater in Elternzeit - Christian hat nun einen 
anderen Rhythmus.
Aber alle diese Gründe haben natürlich nur die Bedeutung, die 
ihnen zugemessen wird. Und hier legen Akademiker offenbar strengere 
Maßstäbe an. Über die Hälfte lehnt die Gründung einer eigenen Familie
ab. Natürlich studiert man heute länger, verdient erst später Geld. 
Aber auch die Relativierung spielt eine große Rolle: der permanente 
Vergleich. Deutschland oder Spanien? Britta oder Petra? Wer ist die 
einzig wahre Super-Mutti? Wir sind keine Spaßgesellschaft, sondern 
eine Suchergesellschaft.
Und wonach suchen wir? Nach Glück, wie auch immer man es 
definiert. Aber viele trauen sich wohl nicht, es langfristig zu 
denken. Und wenn ich mich in fünf Jahren scheiden lasse? Dann wird 
das Kind zum Kostenfaktor. Gerade Männer denken so. Und sich alle 
Möglichkeiten offen zu halten, bedeutet den meisten ihre Freiheit.
Christian ist die Ausnahme im Schwimmbad, der einzige Vater. Der 
Exot bekommt neugierige Blicke. Sicher braucht es Kraft und Mut zur 
Veränderung, aber es scheint, als hätte er da eine Quelle der 
Zuversicht in seinem Arm.

Rückfragen bitte an:

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Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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