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WAZ: Die Türkei, der Irak, die Koalition: Nun auch noch Streit um die Außenpolitik - Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Es gibt ohnehin nicht sehr viele Gründe, diese
Berliner Regierung toll zu finden, oder auch nur: verlässlich, 
berechenbar, zukunftsorientiert, nah bei den Menschen, etc. Das ist 
schon deshalb bedauerlich, weil von der Akzeptanz der Regierung immer
auch die Stabilität von Demokratie abhängt. Und weil wir keine zweite
Demokratie sozusagen in der Hosentasche mit uns herumtragen, wäre es 
für alle Beteiligten besser, wir würden anständig regiert.
Seit Bismarcks Zeiten gilt die Gestaltung der äußeren 
Angelegenheiten als Königsdisziplin in der Politik. Der zweite 
außenpolitische Grundsatz lautet: verlässlich agieren, extreme 
Ausschläge vermeiden. Mit anderen Worten, erst das Land, dann die 
Partei. Und der dritte heißt deshalb: Streit vermeiden, denn der hat 
nicht nur innenpolitische Folgen, sondern wirkt auch im und auf das 
Ausland. Eine Regierung, die über die Außenpolitik streitet, 
gefährdet ihren Einfluss auf der internationalen Bühne.
Darum ist der offene Streit zwischen der Regierungschefin und 
ihrem Außenminister mindestens eine außerordentliche Peinlichkeit 
mehr in der erst kurzen Geschichte dieser unglücklichen Regierung, 
die sich neuerdings selbst ihre eigenen Gesetze vom Staatsoberhaupt 
kassieren lassen muss. Sachlich ist der Konflikt schnell erklärt: 
Merkel ist dafür, der EU-Kommission zu folgen und die 
Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auszusetzen, weil die Union 
grundsätzlich gegen eine Vollmitgliedschaft Ankaras eintritt. 
Steinmeier will auf das flaue Angebot Ankaras eingehen, weil die SPD 
grundsätzlich die Türkei in der Europäischen Union sehen will. Merkel
will, auch weil die USA drängen, dass Deutschland im Irak mehr als 
nur diplomatisch hilft. Steinmeier will es gerade darum nicht.
Wieder einmal denkt die Regierung nicht ans Volk, konfrontiert 
die Menschen mit Entscheidungsschwäche, anstatt entschlossene Stärke 
vorzuführen und damit ihr Ansehen zu verbessern. Sie ist mit 
Regierungsinterna stärker beschäftigt als mit Regieren. Weshalb 
stimmen sich Merkel und Steinmeier, zumal in so wichtigen Fragen, 
nicht ab, bevor sie sich öffentlich äußern? Und wenn schon die 
Kanzlerin und der Außenminister das nicht für nötig halten, weshalb 
sollten sich andere aus den Fraktionen oder den Bundesländern von 
mahnenden Worten, nicht ständig querzureden, noch disziplinieren 
lassen? Und, bescheidene Frage: Hat nicht die Kanzlerin als solche 
die Richtlinienkompetenz, und gilt das etwa nicht erst Recht für 
Angelegenheiten, die wichtiger sind als etwa der Streit um Mindest- 
oder Kombilöhne?

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Rückfragen bitte an:
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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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