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WAZ: Gezielte Förderung von Jungen: Power Girls und Loser - Kommentar von Ute Schwarzwald

Essen (ots)

Mädchen sind anders. Viele Eltern bemerken das
erstaunt erst dann, wenn ihr Sohn eine Schwester bekommt oder die 
Tochter einen Bruder. Mädchen sind in der Regel weniger laut als 
Jungen, stellen Eltern dann fest, weniger wagemutig und weniger 
aggressiv. Sie kuscheln meist lieber als ihre Brüder, sie 
interessieren sich für Spiele und Bücher, die diese niemals angucken 
würden, sie lösen Probleme anders als Jungen und sie lernen anders.
Deshalb haben es Mädchen schwer. In einer Männerwelt. Und deshalb
werden sie seit 30 Jahren speziell gefördert. Mit Recht - und mit 
Erfolg. Heute machen Mädchen deutlich bessere Schulabschlüsse als 
Jungen, sie werden sehr viel weniger häufig straffällig und sie 
bringen sich längst nicht so oft um wie ihre männlichen 
Altersgenossen.
War das so gewollt? Dass aus unseren Mädchen starke Power-Girls 
werden und aus unseren Jungs die Loser, die armen Kerle, die nun das 
Nachsehen haben? Bundesjugendministerin von der Leyen erklärte noch 
im September öffentlich, sie fände es nicht schlimm, "dass Mädchen in
Sachen Bildung an den Jungen vorbeiziehen". Doch schon 1998 warnte 
der renommierte Harvard-Psychiater William Pollock nach einer Serie 
von Bluttaten an amerikanischen Schulen vor einer "großen nationalen 
Krise des Knabenalters". Selbst wenn uns eine solche nicht erwartet: 
Sicher ist, dass es auch Jungs schwer haben - in einer zunehmend 
weiblicher werdenden Gesellschaft. Zwischen Macho und Softie die 
eigene Rolle zu finden, ist nicht leicht, vor allem dann nicht, wenn 
es an männlichen Vorbildern fehlt. In vielen Familien ist der Vater 
bestenfalls noch eine Randfigur, in Kindergarten und Grundschule 
bestimmen Erzieher-innen und Lehrerinnen das Bild.
Wenn aber Identifikationsfiguren im Alltag fehlen, suchen Jungen 
sie sich woanders. Im Fernsehen, im Computer. Der Konsum virtueller 
Gewalt ist ein Jungen-Problem - und Schlüssel zur Erklärung der 
Bildungskrise junger Männer, sagt der Kriminologe und Medienforscher 
Christian Pfeiffer. Als alleinige Erklärung reicht das nicht; selbst 
wenn man weiß, dass der Amokläufer von Emsdetten Fan von 
Counterstrike & Co. war. Ein beizeiten nach Geschlechtern getrennter 
Unterricht allein hätte allerdings die Bluttat sicher auch nicht 
verhindert.
Mädchen sind anders. Jungen auch. Und nur gemeinsam sind sie 
stark. Daher hat jedes Kind Anspruch darauf, mit seinen ganz eigenen 
Stärken, Schwächen und Nöten wahr- und ernstgenommen zu werden.

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Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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