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WAZ: Stoiber muss Treue-Eid erzwingen: Der CSU fehlt die Courage - noch - Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Als die Sache losging, da konnte man noch staunen:
Wer ist Frau Pauli? Heute weiß jeder, der Zeitung liest, dass die 
Frau Pauli die ist, welche den Stoiber gerade umbringt. Bleibt 
hinzuzufügen, dass der Umzubringende sich dieses Schicksal hart 
erarbeitet und somit redlich verdient hat. (Die Loyalitäts-Erklärung 
der CSU von gestern ist lustlose Pflichterfüllung.)
Stoiber glaubte, die Pauli ignorieren zu können; jene Frau, die 
seit 30 Jahren in der CSU ist, davon 18 Jahre im Parteivorstand 
zubrachte, vor 17 Jahren der SPD (in Volkswahl) das Landratsamt im 
roten Gürtel um Nürnberg abjagte, Deutschlands jüngste Landrätin 
wurde - und: über politische PR am Beispiel der CSU promoviert worden
war. Mit anderen Worten: Die Frau ist ein emanzipierter Profi, und 
Stoiber behandelte sie als Weibchen. Welch eine Macht-Arroganz, 
welche Verblendung. Kein Wunder, wenn sie ihm vorhält, ein Problem 
mit Frauen zu haben, die nicht, wie Stoibers weibliche 
Kabinettsmitglieder, per se auf Loyalität zum Meister verpflichtet 
sind. Weshalb hat Stoiber so eine nicht längst zur Ministerin 
gemacht?
Gute Führungspersönlichkeiten nehmen Kritik ernst. Warum macht 
Stoiber sich nicht Gedanken, wenn eine erfolgreiche Frau, 
lebenserfahren, zweimal getrennt und allein erziehend, den Vorwurf 
erhebt, die CSU sei unter Stoiber zu einer männerbündischen 
Vereinigung geworden, die an den Problemen vieler Frauen 
vorbei-idyllisiert? Anderswo, bei der Schwesterpartei CDU zum 
Beispiel, wird längst hart gerungen um ein neues Frauen- und 
Familienbild, das die Traditions-Familie achtet und doch andere 
Formen des Zusammenlebens respektiert. Indem Stoiber diesen 
gesellschaftlichen Trend ignoriert, schadet er (und nicht Pauli) 
seiner Partei. Überhaupt: dass Stoiber ihr mit Rauswurf drohen ließ -
eine viel sagende Frechheit. Was wäre das denn wohl für eine Partei, 
die ein verdientes Mitglied nur wg. Majestätsbeleidigung, also einem 
vordemokratischen Delikt, verlassen müsste?
Und die viel beschworene bundespolitische Bedeutung der CSU - wo 
äußerte sie sich denn, außer in verdrussförderndem Hickhack und in 
der Destruktion? Tatsächlich hat Stoiber, auch durch sein wohl nur 
noch von Satirikern ernst genommenes Auftreten, die CSU längst auf 
den Status einer Bayernpartei herabgewirtschaftet. All das weiß man 
in der CSU, dank Pauli wird darüber nun auch geredet. Stoiber droht 
ein würdeloser Abschied auf Raten. Traurig nur, dass er auf diese Art
das Vorurteil bestätigt, wonach Politiker jene sind, die nicht 
wissen, wann ihre Zeit gekommen ist.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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