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WAZ: Der Weltklimabericht: Bis jetzt hat nichts geholfen - Leitartikel von Christopher Onkelbach

Essen (ots)

Mit Händen und Füßen wehrt sich die Industrie, die
richtigen Schlüsse aus den Erkenntnissen der Wissenschaft ziehen zu 
sollen. Die Reduzierung von Abgasen gefährde nach Ansicht der Manager
Arbeitsplätze und koste unverantwortlich viel Geld. Und Politiker 
aller Farben geben sich in ihren Reden erst klimafreundlich, stellen 
sich aber, wenn es hart auf hart kommt, schützend vor die Industrie. 
Das Gezänk erinnert an einen friesischen Bauern, der seinen Deich aus
Kostengründen nicht erhöhen will, obwohl der Wetterbericht die 
nächste Sturmflut ankündigt. Kein Friese ist so dumm.
Denn die Flut wird kommen. Es hat keinen Sinn, sich in langen 
Debatten um CO2-Grenzwerte zu verzetteln, über Atomaus-stiegsfristen 
zu verhandeln und über die Einstufung von Limousinen zu diskutieren. 
Dafür haben wir keine Zeit. Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen 
hat seit 1970 um mehr als 50 Prozent zugenommen. Die Emissionen von 
CO2 sind sogar um zwei Drittel gestiegen. Mit knapp 60 Prozent haben 
die Industrieländer den größten Anteil an dieser Entwicklung, obwohl 
sie nur ein Fünftel der Weltbevölkerung darstellen.
Alle bisher ergriffenen Maßnahmen zum Klimaschutz reichen nicht 
aus, den Trend zu wenden, so die Wissenschaftler. Politik und 
Industrie müssen sich daher zu einer radikalen Kehrtwende 
entschließen und begreifen, dass Umweltschutz und Wirtschaftswachstum
keine Gegensätze sind. Nicht die Klimaschutzauflagen gefährden auf 
lange Sicht Wohlstand und soziale Sicherheit, sondern der Verzicht 
darauf. Diese Einsicht muss sich durchsetzen.
Ottmar Edenhofer, einer der Autoren der IPCC-Studie, stellt klar:
Wenn wir mit dem Klimaschutz ernst machen, kostet uns das etwa ein 
Prozent des weltweiten Sozialprodukts. Wenn wir es lassen, werden wir
für die Folgen der Erderwärmung mit mehr als zehn Prozent unserer 
Wirtschaftsleistung bezahlen. Nur ein Beispiel: Sollte das 
Grönlandeis bis 2100 komplett abschmelzen, würde der Meeresspiegel um
unvorstellbare sieben Meter steigen, errechneten Meeresforscher. Für 
Edenhofer ist Klimaschutz daher auch ökonomisch vernünftig, kurz: ein
wirtschaftliches Investment.
Es muss sich aber auch in unseren Köpfen etwas ändern. Wir leben 
in einer Diktatur der kurzen Frist, planen von heute auf morgen. So 
kann es für die Zukunft keine Lösungen geben. Es gibt Experten für 
jedes Spezialgebiet, doch keiner hat den Überblick. Wir müssen wieder
lernen, in Zusammenhängen zu denken.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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