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WAZ: Debatte um Kinderkrippen: Eltern müssen wählen können - Leitartikel von Christopher Onkelbach

Essen (ots)

Da hat der Augsburger Bischof Mixa einmal so richtig
die Glocken scheppern lassen: Gebärmaschinen, dieses Wort wählte er. 
Frauen würden zu Gebärmaschinen degradiert und als 
Arbeitskräfte-Reserve für die Industrie rekrutiert, wenn man ihre 
kleinen Kinder in die Krippe stecke. Die Aufregung, die er damit 
auslöste, war durchaus kalkuliert. Ihm ging es, so muss man annehmen,
um eine gezielte Provokation. So sollte das Vorhaben der 
Familienministerin, die Zahl der Krippenplätze zu erhöhen, torpediert
werden.
Der Ton war sicherlich verfehlt, doch Mixa hat Recht und Unrecht 
zugleich. Recht hat er, wenn er betont, dass die Mehrzahl der Mütter 
ihre Kinder in den ersten drei Lebensjahren gerne und freiwillig 
selber erzieht. Diese Mütter - und zuweilen auch Väter - verdienen 
große Anerkennung und Lob, sagte der Bischof. Und das ist absolut 
richtig. Auch die Forderung Mixas nach einem höheren Erziehungsgeld 
und einem besseren Rentenanspruch für Frauen, die wegen der 
Kindererziehung zuhause bleiben, ist überlegenswert. Denn immer noch 
wird die Erziehungsleistung der Eltern von der Gesellschaft nicht 
genügend honoriert. Hier könnte Mixa eine wichtige Diskussion 
angestoßen haben.
Falsch liegt er aber bei den Schlussfolgerungen. Ein Krippenplatz
für jedes dritte Kind, so das Ziel der Ministerin, bedeutet nicht, 
dass wir uns auf dem Weg in einen neuen pädagogischen Sozialismus 
befinden. Niemand, schon gar nicht die Eltern, will eine staatlich 
verordnete Zwangsbetreuung der Kinder. Wer dieses Bild zeichnet, 
übertreibt bewusst und schürt eine ideologische Debatte, um die es 
längst nicht mehr gehen sollte. Es geht schlicht um eine Anpassung 
der Familienpolitik an die Realität.
Wer gerne seine Kinder zuhause erzieht, wer erleben will, wie sie
sich entwickeln, wie sie lernen, der soll sich dafür frei entscheiden
können, ohne die Einrede vom Staat oder von Kirchen. Wer aber Kinder 
hat und zugleich einen Beruf ausüben will, der soll dies ebenfalls 
tun können - ohne schlechtes Gewissen. Fakt ist doch, dass immer mehr
Familien auf ein zweites Einkommen angewiesen sind, und für diese 
fehlt ein entsprechendes Betreuungsangebot. Dass Kinderkrippen mit 
der Bibel nicht kompatibel sind, wie Kardinal Meisner meint, hilft 
diesen Eltern nicht.
Es geht darum, Eltern darin zu unterstützen, Kinder zu bekommen, 
zu erziehen und auch zu finanzieren. Da sind Politik, Kirchen und 
Arbeitgeber gefordert. Mit Ideologien kommen wir nicht weiter.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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