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WAZ: Immer mehr Opfer im Irak: Der sinnlose Krieg geht ins fünfte Jahr - Leitartikel von Markus Günther

Essen (ots)

Der Feldzug, der am 20. März 2003 mit diffusen
Fernsehbildern aus dem nächtlichen Bagdad begann, sollte eine Art 
Blitzkrieg werden. Das Wort, das seit Hitlers unseligen Zeiten als 
deutsches Fremdwort durchs amerikanische Englisch spukt, regt immer 
noch die Fantasie der Militärstrategen an: Mit gewaltiger Übermacht 
sollten die Truppen Saddam Husseins rasch geschlagen werden; die vom 
Diktator befreite Bevölkerung würde die Invasionsarmee begeistert 
empfangen; quasi im Handumdrehen sollte ein neuer demokratischer 
Staat entstehen. Wieviel Leichtsinn und Dummheit in der 
amerikanischen Blitzkriegsfantasie steckte, wieviel Naivität und 
Weltfremdheit, das ist noch heute, am Vorabend des fünften 
Kriegsjahres, unfassbar.
Historisch beispiellos ist dieser Leichtsinn freilich nicht. Im 
Gegenteil, die Geschichte ist voll von Kriegen, die mit der Hoffnung 
auf den schnellen Sieg begannen und im zermürbenden Stellungskrieg 
endeten. Der Irak-Krieg, der nun schon länger dauert als der Zweite 
Weltkrieg mit US-Beteiligung, ist so gesehen eher die Regel als die 
Ausnahme. Er ist eben auch darin ganz typisch, dass es über die 
Blitzkriegs-Fantasien hinaus keinerlei Strategie gab. Wie soll man 
sich gegen Partisanen, Bombenleger und Selbstmordattentäter wehren? 
Was tun, wenn die Bevölkerung die Demokratie gar nicht will? Was 
geschieht, wenn die verfeindeten Volksgruppen im Irak einen 
Bürgerkrieg beginnen und amerikanische Soldaten dabei zwischen die 
Fronten geraten? In der amerikanischen Militärplanung tauchten diese 
Fragen vor der Invasion gar nicht auf, und bis heute sind sie 
unbeantwortet. Die amerikanische Irak-Mission ist hoffnungslos 
verfahren.
Die hochgesteckten Ziele der ersten Kriegsphase sind längst 
Geschichte. Heute geht es aus amerikanischer Sicht nicht mehr darum, 
einen demokratischen Musterstaat im Nahen Osten aufzubauen. Ziel ist 
nur noch, Bedingungen zu schaffen, die den Abzug der US-Truppen, 
notfalls auch unter Inkaufnahme bürgerkriegsähnlicher Gewalt im Irak,
aber wenigstens ohne die Gefahr eines multinationalen 
Regionalkrieges, ermöglichen sollen. Und selbst von solchen 
Bedingungen ist man im Irak derzeit weit entfernt.
Und so geht der immer sinnlosere Krieg weiter. 3216 US-Soldaten 
sind bislang gefallen, 24 000 verwundet worden. Die Zahl der 
irakischen Kriegstoten wird auf mindestens 60 000 geschätzt. Als die 
Blitzkriegsstrategen vor vier Jahren ihren Schlachtplan entwarfen, 
hielten sie Verluste dieser Größenordnung für ausgeschlossen.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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