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WAZ: Russische Investoren: Mit Gas und Öl zurück zur Macht - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Die meisten Menschen in Deutschland wissen noch gar
nicht, wer Oleg Deripaska ist. Das wird sich ändern. Auch der 
russische Staatskonzern Gazprom musste sich in Deutschland erst 
vorstellen: als Arbeitgeber von Gerhard Schröder und als Sponsor von 
Schalke. Wladimir Putin ist bereits schillernd bekannt in der 
Republik. Er war der russische Präsident, der sich für westliche 
Demokratie interessierte und erbarmungslos gegen die Rebellen in 
Tschetschenien zu Felde zog. Er ist der kalte Kommentator politischer
Morde in seinem Land und der Mann, der nach der Weltmacht greift.
Bei der Nachricht, dass der Oligarch Oleg Deripaska seine Anteile
bei Hochtief aufstockt, werden viele an Gazprom und Putin denken, mit
einem unguten Gefühl. Das Misstrauen scheint gegenüber russischen 
Investoren größer zu sein als gegenüber Hedgefonds oder anderen so 
genannten Heuschrecken.
Russland ist nicht nur ein Geschäftspartner, der zwei 
grundsätzliche Prinzipien ignoriert, die Rechtssicherheit und die 
Gegenseitigkeit beim Vordringen in den jeweils anderen Markt. 
Russland ist auch ein politischer Geschäftspartner, der seinen 
verlorenen Status als Supermacht mit seinen gewaltigen Vorkommen von 
Gas und Öl zurückerobern will.
Putins facettenreiche Persönlichkeit spiegelt die 
Unberechenbarkeit seines Landes, das zwischen Modernisierung und 
Autokratie irrwandelt. Weil Energiewirtschaft längst die Dimension 
von Außenpolitik angenommen hat, ist die wiedererwachende Angst vor 
Russland nicht unbegründet. Das von Lieferungen abhängige Europa 
beobachtet beklommen, wie Putin eine gezielte Politik der Spaltung 
betreibt. Ähnlich wie US-Präsident George W. Bush, der die Welt vor 
dem Irak-Krieg in die Koalition der Willigen und den Rest der 
Unwilligen sortierte, so unterteilt auch Putin. Mit der 
Auseinandersetzung über den US-Raketenschirm will er vor allem 
ausloten, welches Land näher bei den USA oder näher bei Russland 
steht. Die Europäer sollen sich entscheiden.
An erster Stelle müssen sich die Europäer für sich selbst 
entscheiden, für eine geschlossene starke EU. An zweiter Stelle 
müssen sie abwägen, welche Gefahren womöglich der europäische Traum 
birgt, durch wirtschaftliche Verflechtung Frieden und Demokratie in 
die Welt zu exportieren. Am Beispiel Russland wird gerade deutlich, 
dass die EU im Gegenzug auch etwas importieren könnte: 
Wirtschaftspolitik, die nur einen Wert kennt. Macht.

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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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