Deutscher Philologenverband e.V.
Philologenverband zur Lehrerversorgung an deutschen Schulen: "Situation so schwierig wie seit 35 Jahren nicht mehr"
Berlin (ots)
Als "so schwierig wie seit 35 Jahren nicht mehr" hat der Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, die Lehrerversorgung an deutschen Schulen zu Beginn dieses Schuljahres bezeichnet. Laut einer Umfrage des DPhV fehlten derzeit an deutschen Schulen rund 16 000 Lehrer.
Besonders dramatisch sei die Lage an beruflichen Schulen, an Gymnasien und Realschulen in Süddeutschland und in den so genannten Mangelfächern, wozu neben Mathematik, Physik, Latein, Religion inzwischen in Bayern auch Fremdsprachen und sogar Deutsch zählen. Allein in Baden-Württemberg fehlten 900 Berufsschullehrer, in Bayern fast 1000 sowie über 600 Gymnasiallehrer, aber auch in Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Berlin sei die Personaldecke zum Zerreißen gespannt. Zwar könne nach Auskunft der Kultusministerien der Pflichtunterricht weitgehend abgedeckt werden, Tatsache sei aber - so der DPhV-Vorsitzende - , dass inzwischen immer mehr Lehrkräfte ohne ausreichende Qualifikation bzw. Seiteneinsteiger ohne jegliche Lehrerfahrung eingestellt würden, um Unterrichtsausfall zu vermeiden.
So liege die Quote der Seiteneinsteiger bei den Neueinstellungen bundesweit inzwischen bei fast 20 Prozent, an bestimmten Schularten in einzelnen Bundesländern sogar deutlich über 50 Prozent. "Wir beobachten mit Sorge, dass die Qualitätsstandards bei der Einstellung von Lehrern derzeit in vielen Bundesländern kontinuierlich abgesenkt werden. Wir erwarten, dass diese Notmaßnahmen zeitlich eng begrenzt werden", sagte Meidinger. Die Versorgungssituation in den Mangelfächern verschärfe sich zudem durch die Tatsache, dass durch den gegenwärtigen Wirtschaftsaufschwung zahlreiche Lehramtsstudenten naturwissenschaftlicher Fächer kurzfristig in die Diplomstudiengänge wechseln, weil die Wirtschaft deutlich lukrativere Berufsperspektiven bietet.
Der Verbandesvorsitzende prognostizierte nach den ihm vorliegenden Zahlen, dass erst in drei bis vier Jahren in den alten Bundesländern durch die dann ansteigenden Lehramtsabsolventenzahlen und den Wegfall der 13. Jahrgangsstufe an den Gymnasien ein Entlastungseffekt eintreten werde. Gleichzeitig werde aber dann in den neuen Bundesländern der Lehrermangel massiv zunehmen, da zu diesem Zeitpunkt die Pensionierungen stark ansteigen, während dort in den letzten Jahren kaum mehr Lehrernachwuchs ausgebildet worden sei. Meidinger warnte dringend die Politik davor, den Lehrermangel durch Unterrichtskürzungen kaschieren zu wollen. "Der Vorstoß von Kultusministern aus Unionsländern, die Mindeststundenzahl an Gymnasien nochmals drastisch herabzusetzen, ist ein Versuch, den Lehrermangel auf Kosten der Qualität zu beseitigen. Damit würden wir den Zukunftschancen unserer Jugendlichen einen denkbar schlechten Dienst erweisen", so der Verbandsvorsitzende.
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