Freie Ärzteschaft: Ökonomisierung gefährdet Gesundheitsversorgung und ärztliche Autonomie
Hannover (ots)
"Die zunehmende Ökonomisierung der Medizin ist endlich in der gesundheitspolitischen Diskussion angekommen - die Bereitschaft zu konsequentem Gegensteuern lässt jedoch zu wünschen übrig", erklärt die Freie Ärzteschaft (FÄ) anlässlich der heutigen Diskussion zur Ökonomie in der Medizin auf dem Deutschen Ärztetag in Hannover.
Der Verband begrüßt, dass Zielleistungsvereinbarungen und Bonusverträge für leitende Klinikärzte inzwischen unter Kritik und Revision stehen. "Allerdings muss der Bedrohung ärztlicher Autonomie auf allen Ebenen begegnet werden", fordert FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich. Denn Mechanismen monetärer Fremdsteuerung zur Beeinflussung ärztlicher Berufsausübung seien auch im ambulanten Bereich zu finden: vor allem als Zahlung von Billigpauschalen durch die Krankenkassen.
"Der Arzt muss unabhängiger Sachwalter des Patientenwohls sein", betont zudem FÄ-Vorstand Dr. Axel Brunngraber. "Dafür bedarf es einer Honorierung ärztlicher Leistungen, die den Arzt unabhängig von Vorgaben der Krankenkassen und Klinikverwaltungen, aber auch des Staates seinen Beruf frei ausüben lässt." Dietrich ergänzt: "Wenn die Kassen zu Marketingzwecken bestimmte Leistungen besser vergüten als die gesamte Grundversorgung, entstehen Fehlanreize. Das gilt auch für sozialrechtlich sanktionierte Einflussnahme, etwa bei Rabattverträgen für Arzneimittel." Allen müsse klar sein, dass das Eindringen solcher Steuerungsmechanismen in die Arzt-Patienten-Beziehung ein Element der Staatsmedizin darstelle.
Ein Paradebeispiel für ökonomische Interessen und Fremdbestimmung ärztlicher Tätigkeit ist für die Freie Ärzteschaft das Projekt elektronischen Gesundheitskarte. "Krankenkassen wollen Bürokratie und damit Kosten auf Praxen abwälzen und gleichzeitig online die Behandlung kontrollieren. Soll hier unter Kassendirektive gespart werden?", fragt die FÄ. Zugleich schaufle das Projekt der IT-Industrie Milliarden zu. "Bezahlen müssen das Patienten und Verbraucher - und das, obwohl auch nach Aussage des Gesundheitsökonomen Professor Jürgen Wasem eine Wirtschaftlichkeit im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung niemals zu erwarten ist", erläutert der Ärzteverband.
Über die Freie Ärzteschaft e. V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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