Neue OZ: Kommentar zu Türkei
Merkel
Erdogan
Osnabrück (ots)
Merkels kluger Charme
Kanzlerin Merkel hat die Provokationen von Ministerpräsident Erdogan in Ankara gekonnt überlächelt. Dass der Gastgeber der Regierungschefin kurz vor ihrer Landung "Hass auf die Türkei" vorgeworfen hatte, war eine böse und falsche Unterstellung, die eines Staatsmannes unwürdig war.
Auf diese emotional aufgeladene Situation hat Merkel genau richtig reagiert, indem sie den Streit um Integration, EU-Beitritt und Iran-Sanktionen durch einen freundlichen, aber bestimmten Ton versachlicht hat. Die als Gastgeschenk mitgebrachte kleine Friedenstaube war eine charmante und doch klare Botschaft an Erdogan, doch bitte schön nicht auf das verbale Niveau eines Streits auf einem Basar zu sinken.
Mag Erdogan sich und die Türkei als "Prügelknaben" Europas sehen: Mit reflexartigem Beleidigtsein kommt das Land am Bosporus einem EU-Beitritt keinen Schritt näher. Das Tempo des Verfahrens zur möglichen Aufnahme der Türkei in die EU bestimmt in erster Linie das Land selbst. Die Defizite sind bekannt. Trotz Fortschritten ist die Türkei wirtschaftlich und bei Religions- und Meinungsfreiheit weit von EU-Standards entfernt.
Rumänien, Bulgarien und das vor dem Bankrott stehende Griechenland sind mahnende Beispiele für Hauruckverfahren und Vertuschung. Einen Aufnahme-Automatismus und politische Nachlässe bei EU-Regeln darf es nicht mehr geben. Gerade im Fall eines großen Landes wie der Türkei, das bald mehr Einwohner als Deutschland zählt.
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