Neue OZ: Kommentar zu Tourismus
Osnabrück (ots)
Kosten der Sehnsucht
Ein Klassiker der Reiseliteratur heißt "1000 Orte, die man vor seinem Tod gesehen haben muss". Seit fast zehn Jahren ist das Buch von US-Autorin Patricia Schultz auf dem Markt, und hat seitdem nichts an Attraktivität eingebüßt. Im Gegenteil. Eine Gesamtauflage von mehr als drei Millionen Exemplaren spricht Bände: Die Sehnsucht nach einer Ausfahrt aus dem Alltag ist ungebrochen und nimmt sogar zu.
Die Frage ist nur: Auf wessen Kosten? In einer Zeit, in der Entfernungen keine Grenzen mehr setzen und jedes noch so weit entlegene Ziel erreichbar ist, kommt jedem Reisenden eine besondere Verantwortung zu. Sich nicht allein von egoistischen Freiheits- und Abenteuerträumen leiten zu lassen ist keine leichte Übung. Zu oft mangelt es an Respekt gegenüber fremden Kulturen und Menschen. Wer sich benimmt wie der Elefant im Porzellanladen, hinterlässt nicht nur den unvermeidlichen ökologischen Fußabdruck, sondern einen touristischen Trampelpfad. Vergessen wird: Was für den einen Exotik heißt, bedeutet für den anderen Existenz.
In der Pflicht ist indes nicht nur der Reisende, sondern auch die Tourismusindustrie. Sie ist mehr denn je gefordert, nicht nur den Profit, sondern die Folgen potenzieller neuer Reiseziele einzukalkulieren - bevor eine Tour beginnt. Erst dann kann Entschleunigung gelingen, nach der sich immer mehr Menschen sehnen.
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