Neue OZ: Kommentar zu Georgien
Osnabrück (ots)
Die Wahl nach der Wahl
Es ist die Wahl nach der Wahl: Für Amtsinhaber Saakaschwili und Herausforderer und Milliardär Iwanischwili muss es nach dem Urnengang um die Frage gehen, für welchen Weg sie sich entscheiden wollen: für den demokratischen Prozess einer Regierungsbildung oder den Kampf um den Wahlsieg auf der Straße. Fest steht, dass das zarte Pflänzchen Demokratie in der Kaukasusrepublik gefährdeter denn je scheint.
Beide Seiten haben sich gestern zum Sieger erklärt, nachdem sie wochenlang unerbittlich mit der Angst der Bevölkerung gespielt und den Gegner mit Dreck beworfen hatten. Zurück bleibt ein gespaltenes Land. Jetzt wäre es eigentlich an den beiden Kontrahenten gewesen, diesen Riss zu heilen, indem sie ihre vom Volk gewählten Rollen als Regierungs- oder Oppositionspartei akzeptiert hätten. Danach schaut es aber derzeit nicht aus. Die mahnenden Stimmen, die vor gewalttätigen Protesten gewarnt haben, scheinen recht zu behalten.
Sollte Saakaschwili sein Amt nicht abgeben und Iwanischwili weiter darauf beharren, die Wahl gewonnen zu haben, stehen Demonstrationen ins Haus. Und die hat der Präsident und frühere Revolutionsführer in der Vergangenheit mehrere Male niederknüppeln lassen, wenn sie nicht seiner Meinung entsprachen. Das Land, das 2003 noch mit der friedlichen Rosenrevolution von sich reden machte, steht vor einer Zerreißprobe.
Dirk Fisser
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