Neue OZ: Kommentar zu Kabarett
Personalien
Osnabrück (ots)
Der Mann der klugen Widerhaken
Es gibt nur wenige Künstler, deren Leben und Schaffen die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland so gespiegelt haben wie Dieter Hildebrandt. Seit den 50er-Jahren wühlte er im Keller bundesrepublikanischer Befindlichkeiten. Gleichzeitig hat er mit der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft", "Notizen aus der Provinz" und dem "Scheibenwischer" sowohl die Fernsehwelt der Bundesrepublik Deutschland als auch die des politischen Kabaretts geprägt. Hildebrandt kommentierte das Zeitgeschehen mit Pointen voller Widerhaken; ihm ging es um Inhalte und nicht um billige Mann-Frau-Pointen der Comedians. Der "Scheibenwischer" zum Beispiel war ihm dazu zu schade, weshalb er seinem Nachfolger Mathias Richling den Titel entzog.
Das politische Kabarett im Fernsehen überlebte trotzdem, dank Künstlern wie Georg Schramm, Richard Rogler oder Josef Hader, die seine "Scheibenwischer" bereicherten. Auch Hildebrandt selbst arbeitete unermüdlich weiter. Er erfand ein Satireformat fürs Internet, und er stand fast bis zuletzt auf der Kabarettbühne. Dabei blieb er in der Garderobe ein unprätentiöser Menschenfreund. Auf der Bühne hingegen wetterte er zornig und klug gegen Konformismus und Lüge. Bis zum Schluss.
Ralf Döring
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