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Westfalenpost: Zeit der Ernüchterung Die Koalition geht in die Sommerpause

Hagen (ots)

Von Winfried Dolderer
Arbeitsteilung, das wäre es vielleicht. Auf den Gedanken konnte 
man kommen, wenn man Angela Merkel in St. Petersburg erlebte, locker,
souverän, strahlend im Kreis der Staats- und Regierungschefs, ganz 
anders als wir sie zu Hause kennen: Dass das Land zwei Kanzler 
gebrauchen könnte. Die Amtsinhaberin fürs Äußere. Und den Vorgänger, 
den Basta-Mann, der sich auf internationalem Parkett sowieso nie 
benehmen konnte, dessen Tatkraft und Mut manche im Vergleich zur 
Nachfolgerin neuerdings aber wieder zu rühmen wissen, für die 
Innenpolitik.
 Nun sind die Ergebnisse des Schröderschen Reformschaffens - man 
denke an Hartz IV - keineswegs so überzeugend, dass man vermuten 
müsste, der Erfolg hinge einzig von einem Basta mehr oder weniger ab.
Gleichwohl, allein schon, dass man sie derzeit wieder öfters mit dem 
Vorgänger vergleicht, und nicht zu ihrem Vorteil, sagt viel darüber, 
wie die Kanzlerin und die Koalition nach acht Monaten zu Beginn 
dieser Sommerpause dastehen. Ernüchterung ist eingekehrt. In einem 
mehr als gewöhnlichen Ausmaß.
 Man muss sich darüber nicht wundern, wenn man sich des Überschwangs 
der ersten Regierungsmonate entsinnt. Das Bündnis der beiden 
Wahlverlierer war auch über das gewöhnliche Maß hinaus angesehen. 
Vielen Menschen ist die Vorstellung lieb, dass die Volksparteien 
einfach ihren Streit vergessen müssen und gemeinsam anpacken, und 
dass sich dann endlich etwas bewegt, was auch immer. Soll man der 
Koalition vorwerfen, dass manche sie mit Erwartungen überfrachtet 
haben?
 Man kann es Angela Merkel nicht vorwerfen, dass sie die Erwartungen 
zu dämpfen versucht und lediglich "kleine Schritte" angekündigt hat. 
Man kann sich aber wünschen, dass die Schritte etwas größer werden, 
und die Bundeskanzlerin auch in der Innenpolitik etwas von der 
Strahlkraft entfaltet, die ihr auswärts so reichlich zu Gebote steht.
Es ist ja auch eine Chance, wenn die Erwartungen so gering sind wie 
derzeit an die Koalition. Man kann sie übertreffen.

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Westfalenpost
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Telefon: 02331/9174160

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