All Stories
Follow
Subscribe to Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

NRZ: Armes, reiches Deutschland - ein Kommentar von PETER HAHNE

Essen (ots)

Deutschland ist ein reiches Land. Wir leben in Frieden, genießen ein reiches kulturelles Erbe und haben nach dem Krieg eine Wirtschaftskraft und einen Sozialstaat aufgebaut, die in der Welt ihresgleichen suchen. Dank der seit mehr als 60 Jahren stabilen Verhältnisse haben die Deutschen auch ein enormes Geldvermögen angehäuft. Mit 6,3 Billionen Euro beziffert eine DIW-Studie das Nettovermögen der privaten Haushalte. Uns geht es also gut, sehr gut sogar - wer sich beklagt, jammert auf hohem Niveau.

Diese Sicht auf die Welt ist nicht ganz falsch, aber richtig ist sie auch nicht. Dem wachsenden Wohlstand steht leider die jeden Tag drängendere Erkenntnis gegenüber, dass sich der größte Teil des Kuchens in den Händen weniger konzentriert. Die sogenannte "Trickle-down-Theorie", wonach der Wohlstand mit der Zeit wie von selbst von den reichen in die ärmeren Bevölkerungsschichten "durchsickert", hat sich als ideologisches Trugbild der Reagan-Ära erwiesen.

Die Schere öffnet sich weiter, in keinem anderen EU-Land ist das Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Ein Viertel unserer Mitbürger hat gar kein Geld auf der hohen Kante oder ist verschuldet. Viele wissen nicht, wie sie trotz Arbeit ihre Altersvorsorge stemmen sollen. Schulen, Schwimmbäder und andere öffentliche Einrichtungen, die vor allem den weniger Betuchten zugute kommen, verkümmern. Hinter der Fassade der reichen Bundesrepublik braut sich ein Armutsproblem zusammen, das den sozialen Frieden eines Tages empfindlich stören könnte. Wenn die heutigen Niedriglöhner in Rente gehen, wird es jedoch zu spät sein. Die sichtbare Hand des Staates muss heute zupacken, um die für soziale Fragen untaugliche Hand des Marktes zu leiten.

Es hat keineswegs mit Sozialismus zu tun, eine höhere Erbschaftssteuer und eine Wiederbelebung der Vermögenssteuer zu fordern. Um Bildung, Bibliotheken und Jugendprojekte zu fördern. Um das Problem der Altersarmut endlich anzupacken. Kaum ein anderer Industriestaat der Welt leistet sich so geringe Abgaben auf große Vermögen und verzichtet so fahrlässig auf den Beitrag der Starken. Warum nur verschleiert auch diese Bundesregierung die neue soziale Frage, obgleich sie mit Händen zu greifen ist? Ein wirklich reiches Land muss mehr für seine Schwachen tun. Armes, reiches Deutschland!

Pressekontakt:

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616

Original content of: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
More stories: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
  • 25.02.2014 – 19:06

    NRZ: Sparen am falschen Ende - ein Kommentar von PETER HAHNE

    Essen (ots) - Deutschland präsentiert sich wieder als Musterschüler Europas. Trotz schwacher Konjunktur hat der Gesamtstaat einschließlich der Sozialkassen 2013 sogar einen kleinen Überschuss erwirtschaftet. Es sieht somit sehr gut aus für das Ziel Wolfgang Schäubles, auch den notorisch klammen Bundeshaushalt bald ganz ohne neue Schulden zu finanzieren. Das dürfte sogar noch schneller gehen als es die offizielle ...

  • 23.02.2014 – 16:01

    NRZ: Kein Grund zum Jubeln - ein Kommentar von JAN JESSEN

    Essen (ots) - Der Machtkampf in der Ukraine ist vorerst entschieden. Präsident Viktor Janukowitsch ist gestürzt, die Machtfülle des künftigen Präsidenten beschnitten, und es wird Neuwahlen geben. Die Gasprinzessin und Ikone des Westens, Julia Timoschenko, ist frei. Ein Sieg auf der ganzen Linie für die proeuropäischen Demonstranten und den Westen, so scheint es. Es ist der ukrainischen Bevölkerung zu wünschen, ...

  • 20.02.2014 – 20:02

    NRZ: NRZ: Immer mehr Ältere unter den Minijobbern in NRW

    Essen (ots) - Rund jeder fünfte Minijobber ist nach Angaben des DGB-NRW mittlerweile älter als 65 Jahre. "Landesweit haben wir rund 1,6 Millionen Menschen in diesen 400-Euro-Verhältnissen. 330 000 von ihnen sind jenseits des Rentenalters", sagte Michael Hermund, DGB-Arbeitsrechtler, der Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung (NRZ, Ausgabe 21. Februar). Von 2004 bis heute habe sich dieser Anteil stetig erhöht: Waren es ...