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Neues Deutschland: Zu DIE LINKE

Berlin (ots)

In der Kernphysik verhält es sich mit Fusionen
folgendermaßen: Bei der Verschmelzung von zwei Kernen kann 
abstrahlende Energie nur dann entstehen, wenn es einen Massendefekt 
gibt, das heißt wenn die Masse des neuen, verschmolzenen Kerns 
kleiner ist als die Summe der beiden Ausgangsmassen. Nun muss man bei
Vergleichen naturwissenschaftlicher mit politischen Phänomenen 
vorsichtig sein, wie bei Vergleichen überhaupt. So manche Ableitung 
lässt sich mit wenigen Handgriffen auch denunzieren. Dennoch ist an 
dieser Stelle und zu diesem Datum erlaubt zu sagen: Wenn bei dem 
zweijährigen Prozess der Fusion von Linkspartei und WASG der eine 
oder die andere auch nicht mitgehen mochte und dies den Organisatoren
Kummer und Bauchschmerzen bereitet hat - die nun stattgefundene 
Verschmelzung zur neuen Linken hat eine Energie freigesetzt, die 
unmittelbar in das gesamte Parteienspektrum und in die Gesellschaft 
ausstrahlt. Wenn nicht diese beabsichtigte gesellschaftliche Wirkung 
im Mittelpunkt des Fusionsprozesses gestanden hätte, sondern die 
Rücksichtnahme auf jedes Bedenken und jeden Vorbehalt innerhalb der 
Teilmassen, dann wäre heute nicht von einem historischen Ereignis zu 
reden, das am Wochenende in Berlin stattfand.
Ein solches ist es durchaus. Die heftigen Reaktionen der politischen 
Konkurrenz haben dies ebenso unterstrichen wie die bereits auf dem 
Parteitag spürbar gewordene Tatsache, dass diese neue Linke zu einem 
völlig neuen Anziehungspunkt für das linksgewerkschaftliche und 
linksintellektuelle Spektrum werden kann. Das ist es schließlich, was
die Erstgenannten sorgt: Dass eine linke Partei in Deutschland es 
verstehen könnte, sich selbst als Instrument sozialer Empörung und 
der Wiederbelebung von eingreifender Emanzipation zu erzeugen, die 
die Leisetreterei und die sprachlichen Tabus durchbricht, die dem 
Strom der Deregulierungen und Demontagen - sozialer wie 
rechtsstaatlicher - ein lautes »Es reicht! Wir wollen es anders!« 
entgegenruft. Die die Forderungen nach Mindestlohn und den Protest 
gegen Altersarmut, die Forderung nach einer gerechten Weltordnung und
den Protest gegen Kriegsbeteiligungen verknüpft mit einem 
öffentlichen Nachdenken darüber, woran und an wem es denn liegt, wenn
Freiheiten, Möglichkeiten und Glücklichkeiten so ungleich verteilt 
sind. Die sich, wenn es die begründete Vermutung eines Fehlers im 
System gibt, auch nicht auszusprechen scheut, dass es dann wohl 
dieses System ist, das einer gründlichen Überholung, wohl eines 
Wechsels bedarf.
Fausto Bertinotti, Vorsitzender der Europäischen Linken,  empfahl der
neuen Partei DIE LINKE zweierlei auf ihrem Gründungsparteitag: 
Vernunft und Leidenschaft. Und pfiffig: Die Doppelspitze hat sie für 
beide Töne.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Neues Deutschland
Redaktion

Telefon: 030/293 90 715

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