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Neues Deutschland: Stunde der Demagogen

Berlin (ots)

Gestern hatten sie wieder Großeinsatz  - die
Rabulisten, Wortverdreher und Tatsachenvergewaltiger der 
Bundesregierung mit Spezialisierung Afghanistan. Ihr gestriger Tatort
hieß Bundespressekonferenz, wo es für sie galt, ein Massaker aus der 
Luft - verübt an einem Freitag, dem muslimischen Wochenfeiertag, im 
heiligen Fastenmonat Ramadan - seines mörderischen Inhalts zu 
entkleiden, in zivilgraue Worthülsen zu verpacken und dann dem 
offenbar für minderbemittelt gehaltenen Wahlbürger als 
Friedenstherapie mit ungewollten Nebenwirkungen zu verabreichen. So 
etwas klappte vor Jahren noch ganz leidlich. Unter dem Schock bis 
dato beispielloser, aber bis heute kaum aufgeklärter Attentate und 
vernebelt von den Staubwolken eingestürzter Zwillingstürme, wurde 
seit Jahrtausendbeginn so ziemlich jede Metzelei von ihren 
Verursachern als Krieg gegen den Terror und folglich eigentlich 
Friedens»kampf« verkauft; ob in Irak, Tschetschenien oder eben 
Afghanistan. Damals in der öffentlichen Wahrnehmung nicht ganz 
erfolglos.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Weil Krieg am Ende eben doch 
Krieg bleibt; mit Tod und Zerstörung, auch wenn man ihn noch so 
hartnäckig zum »robusten Stabilisierungseinsatz mit Kampfhandlungen« 
verquast, wie das gestern ein Berliner Ministeriumssprecher 
unternahm. Die Gräber sind damit nicht wegzuquatschen; nicht die der 
Menschen und auch nicht die der Milliarden.  Das mag Jung und 
Steinmeier aufgegangen sein, die sich früher so gern vor Kameras über
die »feigen und hinterhältigen« Taliban empörten. Zwar haben jene 
sich auch diesmal nicht den NATO-Friedensschützern in offener 
Luftschlacht gestellt. Dennoch hielt es zum Beispiel Jung wenige Tage
vor der Wahl offenbar für ratsam, eine untere Charge seines 
Ministeriums erklären zu lassen, dass die toten Afghanen »fast alle 
gegnerische Kräfte, zumindest Beteiligte« gewesen seien. Und wenn 
vielleicht doch ein paar Zivilisten darunter  waren, dann bedauert 
man das natürlich...
Bei derlei Erklärungen zweifelt man, ob ihre Urheber sich 
überhaupt noch daran erinnern, wer hier mit welcher Begründung in 
wessen Land eingefallen ist. Man fragt sich, in welchem Handbuch für 
»Stabilisierungshelfer« sie gelesen haben, dass entführte Autos mit 
Kampfgeschwadern aus der Luft zu bombardieren sind; mit welcher 
Berechtigung und welcher Maßgabe die friedlichen deutschen Helfer 
Afghanen in »feindliche Kräfte«, »Beteiligte« und »Zivilisten« 
einteilen und danach deren Berechtigung zum Weiterleben kalkulieren.
 Die deutschen Helden der ersten Reihe sind etwas kleinlaut 
geworden. Im Moment. Sind sie vielleicht gewahr geworden, dass ihre 
Sprache und noch mehr die Verlautbarungen ihrer Subalternen immer 
stärker den Ton von Frontberichterstattung annehmen? Die Hoffnung ist
wohl zu vermessen, denn es wäre immerhin eine Einsicht, die die 
Umkehr zu Vernunft und damit Ausstieg aus dem Krieg nicht 
ausschlösse. Darauf deutet aber nichts hin. Die deutschen 
Unterstützerparteien für den Afghanistan-Einsatz, also CDU/CSU, SPD, 
FDP und Grüne, glauben, darauf vertrauen zu können, dass der deutsche
Michel zwar seiner Verteidigung am Hindukusch misstrauisch 
gegenübersteht, aber sie dennoch wählt. Aber das kann sich ja auch 
mal ändern.

Pressekontakt:

Neues Deutschland
Redaktion

Telefon: 030/2978-1715

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