Neues Deutschland: Sisyphos Putin
Berlin (ots)
Es ist bei der russischen Präsidentenwahl alles gekommen wie vorhergesagt. Hier ein ungefährdeter Sieger, da eine Handvoll misslauniger Unterlegener, von denen keiner je den Status eines Herausforderers für Putin erreichte. Zwar meldeten die Beobachter Tausende von Unkorrektheiten, doch bestreitet nicht einmal Putin, dass in den Weiten des Landes nicht alles mit rechten Dingen zuging. Es wird also einige exemplarische Strafen geben, dann kommt die Tagesordnung. Sie droht geradezu. Denn sie - nicht der Spaziergang zurück in den Kreml - ist Putins eigentliche Herausforderung. Russland bedarf - vorsichtig ausgedrückt - dringend einer Revolutionierung seiner Wirtschaftsstruktur. Die jetzige ist noch immer die eines atomar hochgerüsteten, fast allein vom Rohstoffexport lebenden Agrarstaates. Ausnahmslos alle Vorgänger Putins sind an dieser Sisyphosaufgabe gescheitert. Im Unterschied zu dem alten Korinther hat Russland bzw. sein Präsident aber noch weitere Steine zu rollen. Genannt seien nur die Konflikte im Kaukasus, die bei anhaltender Nichtlösung geeignet sind, die russische Staatlichkeit in Frage zu stellen. Manche im Westen zeigen sich nach Putins Sieg allerdings merkwürdig schizophren. Sie können nur schwer akzeptieren, dass sich das Zeitfenster des Ausverkaufs russischer Interessen wie zur Jelzin-Zeit nunmehr fest geschlossen hat. Andererseits sind sie gewiss froh, in Putin einen berechenbaren Partner zu haben. Nur öffentlich eingestehen wollen sie das nicht.
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