neues deutschland: SPD-Politiker Nietan gegen Abbruch der EU-Beitrittverhandlungen mit der Türkei/Volker Beck (Grüne) kritisiert Vorgehen der Bundesregierung
Berlin (ots)
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan spricht sich gegen den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aus. "Die Regierung Erdogan riskiert durch ihr unverhältnismäßiges Vorgehen gegenüber den Demonstranten und durch ihre Angriffe gegen das Europäische Parlament und die EU, die europäischen Partner zu verprellen'", sagte Nietan gegenüber der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Samstagausgabe). "Ein Stopp der Beitrittsverhandlungen liegt weder im Interesse der Türkei noch der EU und ich bin der Ansicht, dass viele Menschen in der Türkei - gerade unter den Demonstrantinnen und Demonstranten - die EU-Perspektive ihres Landes wollen", so der SPD-Politiker.
Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, meint, dass die Verhandlungen den Demonstrierenden in der Türkei "Hoffnung und Motivation" geben. "Anstatt die Verhandlungen zu blockieren, sollte die Bundesregierung besser darauf dringen, zügig zu den Kapiteln über Rechtsstaatlichkeit und Justiz zu kommen", erklärte der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen in "neues deutschland".
Der Leiter der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in der Türkei plädiert ebenfalls dafür, die Beitrittsgespräche nicht zu stoppen. Die im Land demonstrierenden Menschen forderten europäische Werte, schreibt Michael Meier in einem Gastbeitrag für das Blatt. "Demokratie, Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit, Medienfreiheit. Dafür brauchen sie den Rückhalt der EU und die Beitrittsperspektive."
Murat Cakir von der LINKE-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung dagegen sieht die Diskusion um den türkischen Beitritt skeptisch. "Die Debatte über Beitrittsgespräche zeugt von Doppelmoral. Für EU-Eliten sind diese ein Faustpfand, um die strategischen und wirtschaftlichen Interessen gegenüber der Türkei zu wahren", meint Cakir. Dabei wisse man in Brüssel zu gut: "Auch eine EU-Mitgliedschaft kann Entdemokratisierungstendenzen in einzelnen Länder nicht verhindern - siehe Ungarn."
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