neues deutschland: "Die NATO wollten wir alle zerschlagen." - Ehemaliger SDS-Vorsitzender Karl Dietrich Wolff über den Vietnamkongress 1968
Berlin (ots)
"Das Wichtigste ist und bleibt, dass ein öffentlicher Raum zu Diskussion und Kritik entstand." Mit diesen Worten fasst Karl Dietrich Wolff, bekannt als KD Wolff, das Erbe der Achtundsechziger Bewegung zusammen. Der damalige Vorsitzende des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) eröffnete vor 50 Jahren den legendären Internationalen Vietnamkongress in Westberlin. Zu dem am 17. Februar 1968 eröffneten Treffen in der TU Berlin kamen über 5000 Delegierte aus 14 Staaten, darunter auch aus den USA. Im Interview für die in Berlin erscheinende Tageszeitung "neues deutschland" (Freitag-Ausgabe) bekennt der studierte Jurist: "Ich war begeistert von amerikanischen Gast-Delegierten. Wir waren glücklich, dass der Krieg aus den Vereinigten Staaten selbst heraus bekämpft wurde." Und er bestätigt resümierend: "Die NATO wollten wir alle zerschlagen - aber womit?"
In seiner Eröffnungsrede hatte der damals 24-Jährige Wolff das Verbot der als Abschluss des Kongresses geplanten Demonstration durch den Senat kritisiert und angekündigt, dass man diese dennoch durchzuführen beabsichtige. An der am 18. Februar dann auch tatsächlich stattgefundenen Demonstration durch die Westberliner Innenstadt beteiligten sich 12.000 Menschen.
Im "nd"-Interview nennt KD Wolff es "schmerzhaft", dass sich einige ehemalige Achtundsechziger heute am rechten Rand der Gesellschaft bewegen. Hinsichtlich der Spannungen zwischen den Wohlstandsgesellschaften des Westens und den unter Armut und Bürgerkriegen leidenden Staaten des Südens sagt er: "Ich glaube nicht, dass es keine trikontinentale Solidarität mehr gibt."
Wolff gründete 1979 den Stroemfeld Verlag, der sich um historisch-kritische Editionen von Hölderlin, Kleist, Kafka und Trakl verdient macht.
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