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Neues Deutschland: Türkei und der Mord an Hrant Dinks

Berlin (ots)

Premier Erdogan nannte den Mord eine »Gewehrkugel,
die auf die Demokratie abgefeuert wurde« und beglückwünschte »im 
Namen des Landes und der Nation« seine Sicherheitsorgane zum 
schnellen Fahndungserfolg. Das ist mehr als scheinheilig. Natürlich 
ist der türkische Staat im strafrechtlichen Sinne nicht direkt 
verantwortlich zu machen für Hrant Dinks gewaltsamen Tod. Aber der 
nun festgenommene Tatverdächtige auch nicht. Zum einen ist er als 
Minderjähriger wohl auch in der Türkei nicht voll schuldfähig. Zum 
zweiten stellt sich eben nicht nur die Frage nach der persönlichen 
Vorwerfbarkeit, der sittlichen und geistigen Reife dieses Jungen, 
sondern der Gesellschaft als solche.
 Wie kann der Attentäter das Unrecht einsehen,  wenn es an der 
Einsicht in seinem Umfeld fehlt? Wenn der Staat selbst Kritiker 
brutal verfolgt, ein offizielles und öffentliches Schuldbekenntnis 
für den Völkermord an den Armeniern 1915/17 verweigert und am 
archaischen, universelle Menschenrechte verhöhnenden 
Strafrechtsparagrafen »Beleidigung des Türkentums« festhält. Nach 
diesem wurde nicht nur Dink im vergangenen Jahr »rechtskräftig« 
verurteilt, er traf zuvor schon viele, darunter den 
Literaturnobelpreisträger Orhan Parmuk.
 Hoffen lässt, dass viele Bürger am Bosporus in Einsicht und 
Erkenntnis reifer sind als ihr Staat. Sie bekundeten in Istanbul und 
Ankara Abscheu für Tat und Täter.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Neues Deutschland
Redaktion

Telefon: 030/29 78 1711 oder -1721

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