Wahlrechtsreform heute im Bundestag
Lebenshilfe fordert: Alle Menschen mit Behinderung sollen wählen dürfen
Berlin (ots)
Der Deutsche Bundestag entscheidet heute in dritter Lesung über eine Änderung der Regelung sogenannter "Überhangmandate" im Bundeswahlgesetz. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe kritisiert, dass die Bundesregierung bei dieser umfassenden Prüfung des bestehenden Wahlgesetzes den immer noch rechtlich verankerten Wahlrechtsausschluss von Menschen mit Behinderungen, für die ein Betreuer "zur Besorgung aller Angelegenheiten" bestellt ist, unangetastet lässt. Diese Regelung im Bundeswahlgesetz verstößt gegen Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention und muss gestrichen werden. Hierauf weisen die Lebenshilfe, das Deutsche Institut für Menschenrechte und eine Vielzahl anderer Verbände bereits seit Monaten hin.
Die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und frühere Gesundheitsministerin, Ulla Schmidt (MdB), bekräftigt nun einmal mehr, dass der bestehende Wahlrechtsausschluss aufgehoben werden müsse. "Menschen mit Behinderungen sind unsere Mitbürger und haben ein Recht auf Teilhabe am politischen Leben. Eine wie auch immer geartete Wahlfähigkeitsprüfung wäre mit unserem demokratischen Grundprinzip eines 'allgemeinen Wahlrechts' nicht vereinbar", so Ulla Schmidt.
Die Opposition hat nun das Thema ebenfalls aufgegriffen: Bündnis 90 / Die Grünen haben am 16. Januar einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wahlrecht ins Parlament eingebracht. Auch sie fordern die Streichung des Wahlrechtsausschlusses. Die SPD geht mit einem entsprechenden Antrag in die gleiche Richtung und fordert zudem, die besonderen Bedürfnisse von Analphabeten zu berücksichtigen. Flankiert werden diese Initiativen vom Land Rheinland-Pfalz, das einen Antrag zum Wahlrecht in den Bundesrat einbringen wird.
Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen haben festgestellt, dass ein an generalisierende Kriterien geknüpfter Wahlrechtsausschluss von Menschen mit Behinderungen nicht mit dem Völkerrecht zu vereinbaren ist. Europäische Nachbarstaaten wie Österreich, Großbritannien und die Niederlande verzichten ebenfalls auf solche Ausschlussklauseln.
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