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Studie: Stiftungen könnten mehr bewirken
Kleine Stiftungen dominieren den Sektor - Gesetzlicher Rahmen reformbedürftig

Berlin (ots)

Deutschlands knapp 19.000 Stiftungen könnten ihre Unabhängigkeit von Staat und Markt noch besser nutzen, um gerade in gesellschaftlichen Reformbereichen wie dem Bildungs-, Wissenschafts-, und Sozialwesen sowie im Kulturbereich wirksame Impulse zu setzen. Das gilt vor allem für die größeren Förderstiftungen, die 10 Prozent des Sektors ausmachen und mehr als 90 Prozent der Gesamtausgaben der reinen Förderstiftungen (2,8 Mrd. Euro) tätigen. Eine neue Studie der Hertie School of Governance und des Centrums für soziale Investitionen und Innovationen der Universität Heidelberg unter der Leitung von Prof. Dr. Helmut Anheier kommt zu dem Schluss, dass diesen Stiftungen oft eine nachhaltige Strategie fehlt, um sich erfolgreich als Reformmotor und Förderer sozialer Innovationen zu betätigen. "Gerade weil ihr Budget im Vergleich zu öffentlichen Mitteln minimal ist, benötigen Stiftungen eine durchdachte Strategie, einen langen Atem und nicht zuletzt einen stärkeren Willen zur Transparenz. Wer möchte, dass z.B. ein Modellprojekt im Bildungsbereich nach der Erprobungsphase von öffentlicher Seite fortgesetzt wird, muss sich von Anfang an in die Karten schauen lassen", erläutert Studienleiter Anheier.

Die Studie, für die 1.000 repräsentativ ausgewählte Stiftungen zu Zielen, Selbstverständnis und Ergebnissen ihrer Arbeit befragt wurden, macht die Zweiteilung des Sektors deutlich. Jeweils über 70 Prozent der Stiftungen sind mit einem Jahresbudget von unter 100.000 Euro eher klein, lokal tätig und mit einem Gründungsdatum nach 1990 eher jung. Große, finanzkräftigere Stiftungen sind in der Minderheit. "Das Herz des deutschen Stiftungswesens schlägt im Mittelstand. Wir sehen hier eine ausgeprägte Engagement-Kultur, aber teilweise auch eine Überschätzung der eigenen Kräfte", so Anheier. Besonders hervorzuheben sei der Beitrag kleiner Stiftungen, die lokal oder regional eine abgrenzbare Nische besetzen.

Allerdings kann klein auch zu klein sein. Gerade potenziellen Stiftungsgründern mit geringeren Vermögen empfehlen die Wissenschaftler, alternative Formen wie Verbrauchsstiftungen oder Treuhandmodelle zu prüfen. Angesichts des großen Bedarfs, sich stifterisch zu engagieren, sei zudem der Gesetzgeber gefordert, die Rahmenbedingungen zu verbessern: Satzungsänderungen zu Lebzeiten des Stifters, eine Zusammenlegung von Stiftungen sowie die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung müssen ermöglicht, über Mindestkapitalgrenzen müsse nachgedacht werden.

Stiftungen sollten zudem nicht nur ihr förderndes oder operatives Handeln, sondern auch die Vermögensanlage selbst als Teil des Stiftungshandelns begreifen: Beim so genannten "Mission Investing" wird das Stiftungskapital so angelegt, dass durch die Vermögensanlage unmittelbar der Stiftungszweck verwirklicht wird, zum Beispiel durch Anlage in grüne Energien oder Unternehmen mit hohen Sozialstandards.

Für die Studie "Rolle und Positionierung deutscher Stiftungen" wurden 1.000 Stiftungen aus einer für die Untersuchung neu zusammengestellten Grunddatei von fast 19.000 privaten Stiftungen ausgewählt und durch TNS Infratest Politikforschung zu ihrer selbst wahrgenommenen Rolle und Arbeitsweise, ihrem Verhältnis zu Staat, Wirtschaft und Öffentlichkeit sowie ihren Stärken und Schwächen befragt. Die Stichprobe wurde so gewichtet, dass die Ergebnisse nach Bundesländern, Gründungszeitraum und Hauptzwecken repräsentativ sind. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den Bereichen Bildung und Erziehung, Wissenschaft und Forschung, Soziales sowie Kunst und Kultur. Das Projekt wurde ermöglicht durch die Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung, der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Stiftung Mercator, der Robert Bosch Stiftung, der VolkswagenStiftung und des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft.

Ein zusammenfassender Ergebnisbericht steht unter http://bit.ly/Zusammenfassung-Stiftungen zum Download bereit.

Die Studie wird heute (19.04.2016) um 16 Uhr an der Hertie School vorgestellt und von Experten diskutiert. Mehr zu der Veranstaltung, die Teil der 7. Berliner Stiftungswoche ist, finden Sie hier: http://bit.ly/Stiftungsstudie16. Anmeldung unter events@hertie-school.org.

Die Hertie School of Governance ist eine staatlich anerkannte, private Hochschule mit Sitz in Berlin. Ihr Ziel ist es, herausragend qualifizierte junge Menschen auf Führungsaufgaben im öffentlichen Bereich, in der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft vorzubereiten. Mit interdisziplinärer Forschung will die Hertie School zudem die Diskussion über moderne Staatlichkeit voranbringen und den Austausch zwischen den Sektoren anregen. Die Hochschule wurde Ende 2003 von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung gegründet und wird seither maßgeblich von ihr getragen.

Pressekontakt:

Regine Kreitz, Head of Communications, Tel.: 030 / 259 219 113,
Fax: 030 / 259 219 444, E-Mail: pressoffice@hertie-school.org

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