Winter in Afghanistan: Menschen hausen in Ruinen - Shelter startet Nothilfe
Braunschweig (ots)
Auch in diesem Winter leben in Afghanistan noch viele Familien in den Ruinen kriegszerstörter Häuser - ohne Fenster, ohne Heizung, ohne warme Decken. Darauf macht jetzt der deutsche Direktor des Hilfswerks Shelter Now, Udo Stolte, aufmerksam. "Die Notlage betrifft sowohl Kabul als auch Provinzstädte und ländliche Gebiete", berichtet Stolte. Das Hilfswerk ermittelt derzeit an verschiedenen Orten den Bedarf für Maßnahmen zur Winternothilfe. "Wenn die Familien von anderer Seite keine Hilfe bekommen, wollen wir ihnen Holzkohle, Winterkleidung und Decken geben."
Zu den Menschen ohne ein festes Dach über dem Kopf zählt auch die 12jährige Farzona. Sie wohnt mit ihren Eltern und fünf jüngeren Geschwistern in einer der zahlreichen Ruinen in Kabul. Eine Shelter-Now-Mitarbeiterin bringt den älteren Mädchen das Sticken bei - mit dem Verkaufserlös der fertigen Deckchen können die größeren Kinder ihre Familie ein wenig unterstützen. "Wir wollen nicht, dass die Menschen von unserer Hilfe abhängig werden", betont Udo Stolte. "Aber für den Winter müssen wir ihnen etwas verteilen, sonst werden viele von ihnen erfrieren oder schwer erkranken." Die Temperaturen sinken zum Beispiel im 1800 Meter hoch gelegenen Kabul nachts bereits deutlich unter den Gefrierpunkt - im vergangenen Winter war es zeitweise minus 25 Grad kalt.
In der im Nordosten Afghanistans gelegenen Region Faizabad beginnt Shelter Now bereits in den nächsten Tagen mit der Notversorgung bedürftiger Witwen mit ihren Familien. Mindestens 40 Familien sollen drei Monate lang eine Nahrungsmittelhilfe erhalten: Reis, Bohnen und Mehl werden verteilt, außerdem Öl zum Kochen und Holz zum Heizen. Weitere Hilfsaktionen sind vor allem im ostafghanischen Ghasni, wo heftige Überschwemmungen im Sommer viele Hundert Häuser zerstörten, und in der Gegend um den Salang-Pass geplant. Dort hatte Shelter Now bereits im letzten Winter notleidende Familien versorgt.
Stolte zur Afghanistan-Debatte: Hoffnung schaffen durch Dorfentwicklung
Das internationale Hilfswerk Shelter Now, das bereits seit über 20 Jahren in der Region tätig ist, setzt in erster Linie auf langfristig angelegte Aufbauarbeit. Für heimkehrende Kriegsflüchtlinge wurden mehrere "Dörfer der Hoffnung" errichtet. Dazu gehören u.a. der Bau von Häusern, Schulen und Brunnen, die Instandsetzung der traditionellen Wasserleitungen (Kareez) und der Aufbau einer landwirtschaftlichen Existenz: Die Bewohner erhalten eine Grundausstattung an Nutztieren (z.B. Kühen) oder Obstbäumen und werden schrittweise unabhängig von Nahrungsmittelhilfe.
"Solche Programme geben den Menschen Hoffnung und Zuversicht. Wer eine gute Zukunft für Afghanistan will, sollte in die Dorfentwicklung investieren. Sie reduziert auch die Flucht vom Land in die großen Städte mit allen ihren Folgen", sagt Udo Stolte im Blick auf die aktuelle Diskussion um die internationale Afghanistan-Politik. Bedeutsam sei auch die Unterstützung im Bildungsbereich. In Kabul unterhält Shelter Now ein Taubstummenzentrum. 35 Kinder und Erwachsene zwischen acht und 50 Jahren bekommen dort Schulunterricht oder werden für einen Beruf ausgebildet.
Shelter Now ist ein internationales Hilfswerk mit Koordinierungsbüro in Deutschland. Seit 1983 ist es in Pakistan unter dem Namen "Shelter Now International Pakistan" und seit 1988 in Afghanistan als "Shelter Now International Afghanistan" tätig. Der Name der Organisation in Deutschland lautet "Shelter Now Germany e.V.". Shelter Now finanziert seine Hilfsaktionen zu einem großen Teil aus privaten Spenden.
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