Aachener Nachrichten: Kommentar: Zeit für Imagewandel Schockbilder auf Zigarettenschachteln sind richtig Von Christina Merkelbach
Aachen (ots)
Das EU-Parlament hat die Tabakrichtlinie verschärft. Zur Abschreckung sind auf Zigarettenpackungen in den Mitgliedsstaaten künftig Bilder von Krebsgeschwüren und verfaulten Gebissen zu sehen. Das ist ein wichtiger weiterer Schritt auf dem Weg, ein zweifelhaftes Image zu zerstören, das in erster Linie die Tabaklobby mit teuren Werbeagenturen geschaffen hat. Über Jahrzehnte haben einige wenige Konzerne mächtig Profit gemacht, weil Rauchen als cool, verwegen oder - etwa mit Zigarettenspitze - elegant galt.
Kritiker, darunter nicht nur Raucher, fühlen sich mit den Schockbildern auf den Packungen ein weiteres Mal von der EU bevormundet. Sie sehen sich in ihrer Freiheit und Mündigkeit eingeschränkt und schimpfen auf die Regulierungswut aus Brüssel. Doch diesmal geht es um Wichtigeres als den Krümmungsgrad der Gurke oder das inzwischen zurückgezogene Verbot offener Olivenölkännchen auf Restauranttischen.
Rauchen stellt ein ernsthaftes gesundheitliches Risiko dar. Und Gesundheit liegt eben nicht nur in der Verantwortung eines jeden einzelnen, sondern hat eine öffentliche Dimension. Nicht nur aus sozialen, sondern auch aus volkswirtschaftlichen Gründen. Studien über die enormen Folgekosten für das Gesundheitssystem gibt es zuhauf. Erwiesen ist auch, dass sie sich durch die Einnahmen aus der Tabaksteuer nicht wieder ausgleichen lassen.
Umso wichtiger ist Prävention. Genau dort setzen die Ekelbilder an: Sie sollen Kinder und Jugendliche davon abhalten, überhaupt mit dem Rauchen anzufangen. Dass sich Maßnahmen bei dieser Zielgruppe lohnen, zeigt eine Untersuchung, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2013 vorlegte. Demnach hat sich der Anteil jugendlicher Raucher binnen zehn Jahren halbiert. Unter den Zwölf- bis 17-Jährigen haben 70 Prozent noch nie an einer Zigarette gezogen - so wenige wie niemals zuvor.
Gleichwohl: Beginnen Jugendliche mit dem Rauchen, steigen sie durchschnittlich mit 14,4 Jahren ein. Wer in diesem Alter anfängt, ist sich der Konsequenzen weniger bewusst als mit 20. Zu verlockend dürfte es sein, aus Neugier oder pubertärer Rebellion mit dem Rauchen zu starten. Die Schockbilder auf den stylischen Schachteln bieten einen längst überfälligen Pol zu künstlerisch anmutenden Fotos qualmender Rockstars oder Schauspieler.
Die Ekelfotos werden überzeugte Raucher nicht bekehren - und das müssen sie auch nicht. Niemand soll ihnen ihren Genuss oder ihr Laster verbieten dürfen, so lange sie andere damit nicht gefährden oder beeinträchtigen. Allerdings wird auch der eingeschworene Nikotin-Fan zugeben müssen, dass sich die Frage schwer beantworten lässt, wo Genuss aufhört und Sucht anfängt. Und das Gefühl, es ohne Zigarette keine zwei Stunden im Kino aushalten zu können, kann einfach kein Gutes sein. Im Gegensatz zu Raucherbein und Raucherlunge lässt sich Suchtdruck allerdings nicht als Foto auf eine Packung kleben. Leider.
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