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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Thema Arbeitslosigkeit und Fachkräfte

Regensburg (ots)

Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir uns um ein Millionenheer von Arbeitslosen sorgten. Inzwischen hat sich das Rad gedreht. Deutschland hat die weltweite Wirtschaftskrise mit Bravour gemeistert und das Bild am Jobmarkt sieht jetzt völlig anders aus. Wenn die Bundesagentur für Arbeit am Dienstag die Statistik für Mai präsentiert, wird die Zahl der Erwerbslosen vermutlich erstmals wieder unter die psychologisch wichtige Schwelle von drei Millionen gerutscht sein. Doch das ist nur auf den ersten Blick ein Grund zur Freude, denn die Arbeitswelt befindet sich in einem tief greifenden Umbruch, der uns auf lange Sicht beschäftigen wird. Dabei geht es weniger um fehlende Arbeit als um fehlende Arbeitskräfte. Einer Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge beträgt die Lücke im Jahr 2015 bereits drei Millionen Menschen. Hochqualifizierte wie beispielsweise Ingenieure oder Naturwissenschaftler werden dann ebenso gesucht sein wie Handwerker. Die Demografie lässt grüßen. Möglichkeiten, um gegenzusteuern, wurden in den vergangenen Monaten ausführlich diskutiert. Dabei wurde deutlich: Ein Patentrezept gibt es nicht, sondern nur verschiedene Zutaten. So müssen die Chancen der Frauen verbessert werden, Beruf und Familie zu vereinbaren und Ältere länger im Beschäftigungsprozess gehalten werden. Darüber hinaus muss Deutschland für Einwanderer attraktiver werden und auch beim Thema Bildung gibt es eine Menge zu tun. Das beginnt etwa mit einer besseren Förderung der Kinder aus Migrantenfamilien und endet mit der steten Weiterbildung der bereits Ausgebildeten. Die Politik ist mehrfach und auf unterschiedlichen Ebenen gefordert - auch dann, wenn es um die Verbesserung von Standortbedingungen geht. Schließlich konkurrieren Unternehmen im Wettbewerb um Fachkräfte nicht nur global, sondern auch regional. Konkret bedeutet dies, dass Städte und Gemeinden mit einer hohen Lebensqualität auch eine stärkere Anziehungskraft besitzen. Immer wichtiger werden ein attraktives Freizeitumfeld mit reichem Kulturangebot, eine gute Verkehrsanbindung und eine hohe Wohnqualität. Die beiden Präsidenten der regionalen Kammern, Peter Esser und Hans Stark, haben beim Jahresempfang der Wirtschaft zurecht eine Überarbeitung des Landesentwicklungsplans gefordert - mit klaren Entwicklungsperspektiven für regionale Wachstumszentren sowie Aussagen zur Infrastruktur und Versorgung in der Fläche. Weil sich ein mittelständisches Hightech-Unternehmen aus der nördlichen Oberpfalz schwertat, Ingenieure in die "Pampa" zu locken, überlegte es sich eine kreative Lösung: Die Firma etablierte kurzerhand ein Ingenieur-Büro in der Oberpfalz-Metropole. Kreative Lösungen und ein aktives Personalmanagement werden immer wichtiger, denn Unternehmen, denen es gelingt, Mitarbeiter langfristig an sich zu binden, gehört die Zukunft. Erfolgsprämien und Programme zur Kapitalbeteiligung werden allerdings auf Dauer nicht ausreichen. Die Wirtschaft muss sich vor allem im Dienstleistungsbereich von der Stechuhr-Mentalität verabschieden. In einer modernen Informationsgesellschaft ist Wissen nicht an einen Ort gebunden und im Prinzip überall abrufbar. Das bedeutet neue flexiblere Arbeitszeitmodelle, weniger Kontrolle, aber auch mehr Eigenverantwortung für den Einzelnen. Was nach Chance klingt, birgt aber ein Risiko: Auch wenn die Konturen von Berufs- und Privatleben verschwimmen, darf der Arbeitnehmer der Zukunft nicht rund um die Uhr parat stehen müssen.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
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Telefon: +49 941 / 207 6023
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