Mittelbayerische Zeitung: Der weiß-blaue Löwe brüllt
Regensburg (ots)
Von Reinhard Zweigler
Dass der bayerische Löwe hin und wieder kräftig brüllt, ist eigentlich nichts Neues. Es gehört gewissermaßen zum grantelnden Selbstverständnis der weiß-blauen Staatspartei, mit deftigen Forderungen Stimmung zu machen. Ob das Berlin nun passt oder nicht. Ob die Regierungschefs der Euro-Länder im Fall Griechenland gerade in einem Drahtseilakt über dem Abgrund balancieren oder nicht. Und zumeist werden solch kräftige Worte im Freistaat dankbar zur Kenntnis genommen. Endlich sagt's denen mal einer. Freilich erzeugten solche markigen Sprüche aber nicht selten auch Frust, wenn sie nämlich völlig folgenlos bleiben. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ist ein krachender Vertreter jener Mir-san-mir-Fraktion, die bei den Christsozialen den Ton angeben. Erst vor kurzem hat Bayerns Finanzminister Markus Söder noch deftiger verlangt, die EU müsse an Athen "ein Exempel statuieren". Dem Oberfranken, der gern bayerischer Landsvater werden würde, schert sich wenig um die verheerende Außenwirkung seiner Worte. Dass die Wittelsbacher mit Otto I. einst einen griechischen König stellten, ist lange, lange her. Doch Dobrindt - der Mann war Schützenkönig im oberbayerischen Peißenberg - schießt über das Ziel hinaus. Und sein Schuss ging zudem zu früh los. Dobrindt will, noch ehe die Fakten des Troika-Berichtes auf dem Tisch liegen, dessen Ergebnis vorweg nehmen. Das ist nicht nur undiplomatisch, sondern sogar unverantwortlich. Denn mit solch markigen Worten werden die Spekulationen gegen Griechenland und gegen den Euro nur noch mehr angeheizt. Und wenn Hellas wirklich die Gemeinschaftswährung verlassen sollte, rückten erst Recht andere Wackel-Kandidaten ins Visier der Zocker auf den Finanzmärkten, etwa Spanien und Italien. Unverantwortlich ist Dobrindts Schwadronieren allerdings auch Deutschland, erst Recht dem weiß-blauen Freistaat gegenüber. Es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass eine vollendete Staatspleite und der Austritt - oder Rauswurf - Athens aus dem Euro-Club nicht auch verheerende Rückwirkungen auf Deutschland und namentlich auf das exportorientierte Bayern haben würde. Deutsche Waren und Dienstleistungen wären dann in Hellas kaum noch absetzbar. Viel schlimmer noch, aus den bisher lediglich garantierten Staatsdarlehen würden Milliardenverluste, für die auch der deutsche Steuerzahler aufkommen müsste. Egal, ob Athen den Euro behält oder nicht, es wird erheblich Geld und gewaltige Anstrengungen kosten. Zuallererst von den Griechen selbst, die ihr Land gründlich reformieren müssen. Und auch von den Euro-Partnern. Wer diese bittere Wahrheit verschweigt, führt die Menschen hinters Licht. Niemand weiß, was nach einem Euro-Austritt mit und in dem EU-Mitglied wirklich geschieht. Freilich hat Dobrindts Griechenland-Mobbing auch mit dem heraufziehenden Wahlkampf in Bayern zu tun. Die CSU geriert sich als oberster Hüter des Euro und setzt auf die Euro-Skepsis vieler besorgter Bürger. Finanzhilfen für Griechenland sind alles andere als populär. Freilich entwickelt das jetzige Zerwürfnis in der Euro-Griechenland-Frage auch eine gewaltige Zerreißkraft für die Berliner Koalition. Angela Merkel jedenfalls will auf keinen Fall als Totengräberin des Euro und Athens in die Geschichte eingehen.
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