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Mittelbayerische Zeitung: Den Kurs korrigieren Nord und Süd driften immer weiter auseinander. Die EU muss endlich gegensteuern.Von Hanna Vauchelle

Regensburg (ots)

Geahnt hat man es schon lange, nun liegt der Beweis schwarz auf weiß in Form des EU-Sozialberichts vor: Die Krise zerreißt Europa in zwei Teile. Während der Süden immer näher an den Abgrund rutscht, geht es dem Norden so gut wie lange nicht mehr. Damit nicht genug. Ausgerechnet in der Eurozone ist die Kluft zwischen Arm und Reich so groß wie noch nie. Damit zeigt sich einmal mehr: Die Mängel der Währungsunion tragen zu dieser besorgniserregenden Entwicklung bei. Es ist höchste Zeit, den von der Bundeskanzlerin propagierten Sparkurs zu überdenken. Es sind die berühmten zwei Seiten der Medaille. Im vergangenen Jahr hat die EU in Sachen Krisenbekämpfung viel erreicht. So kann man 2012 wohl als das Jahr bezeichnen, in welchem Europa die Eurokrise endlich weitestgehend in den Griff bekommen hat. Der dauerhafte Rettungsschirm ESM trat in Kraft, selbst der Europäische Gerichtshof gab grünes Licht. Gleichzeitig weitete die Europäische Zentralbank ihre Anleiheeinkäufe maroder Euro-Staaten aus und verhinderte so die Implosion der Währungszone. Auch die Einigung zur Vervollständigung der Bankenunion beim letzten Dezembergipfel war ein eindeutiger Erfolg für die Stabilität der Eurozone. Allein bei den europäischen Bürgern sind diese Entwicklungen noch längst nicht angekommen. Sie leiden nach wie vor unter den Folgen einer Krise, die es so sicherlich nicht gäbe, wenn der Währungsunion ein anderer Bauplan zugrunde liegen würde. Der Reformeifer der Eurostaaten steht auf dem Prüfstand. Jetzt rächt es sich, dass beim letzten EU-Gipfel im Dezember wirklich wegweisende Vorschläge auf die lange Bank geschoben worden sind. Einen Eurozonen-Haushalt, der einen automatischen Finanzausgleich in Krisenfällen ermöglicht, wird es erst einmal nicht geben. Dabei könnte ein solches Instrument ein Auseinanderdriften von Nord und Süd, wie es derzeit zu beobachten ist, in Zukunft verhindern. Umso bedauerlicher ist es, dass über den langfristigen Umbau der Währungsunion Unklarheit herrscht. Dabei müsste der gestern präsentierte Sozialbericht die Politik eigentlich aufrütteln. Sicherlich, eine bloße Reform der Eurozone kann den Menschen in Griechenland oder Spanien nicht aus der aktuellen Misere helfen. Europa muss vielmehr bei seiner Krisenbewältigung umdenken. Dafür braucht es nichts weniger als einen Politikwechsel: Die verheerenden Zahlen aus dem Brüsseler Bericht zeigen, dass der vor allem von der Bundesregierung vorangetriebene Austeritätskurs an seine Grenzen geraten ist. Selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) vertritt mittlerweile die Ansicht, dass die überharten Sparprogramme, die den Krisenländern von Deutschland und Co. diktiert werden, die staatlichen Schuldenstände eher erhöhen als reduzieren. Schließlich kommt eine schlechtere Wirtschaftsentwicklung den Staat teuer zu stehen. So sinken die Steuereinnahmen, während die Kosten für Arbeitslosenunterstützung und Fürsorge steigen. Neuesten Studien zufolge senkt jeder Euro, den der Staat einspart, das Bruttoinlandsprodukt um zwei Euro. Steuert Europa hier nicht endlich gegen, wird sich die Kluft zwischen Nord und Süd weiter verbreitern. Mit einer schnellen Korrektur des Kurses braucht man allerdings nicht zu rechnen. Denn Kanzlerin Angela Merkel kommen solche Forderungen äußerst ungelegen. Sie will sich mit Hinblick auf die Bundestagswahl weiterhin als strenge Spar- und Krisenmeisterin inszenieren. Zudem müssten Wachstumsmaßnahmen in Europa auch mit deutschen Steuergeldern finanziert werden. Dem Süden Europas droht ein weiteres miserables Jahr.

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