Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum neuen FCN-Trainer: Beweis neuer Stärke von Wolfgang Endlein
Regensburg (ots)
Die lange Suche des 1. FC Nürnberg nach einem Trainer ist keine Fehlleistung, sondern ein Gütesiegel.
Der 1. FC Nürnberg hat seine Wahl getroffen. Gertjan Verbeek soll den abstiegsgefährdeten Fußball-Bundesligisten retten. 14 Tage hat der FCN für seine Wahl gebraucht. Zu lang für eine solch sportlich angespannte Lage, mögen Kritiker sagen. Tatsächlich ist dies aber ein gutes Zeichen für den Entwicklungsstand des 1. FC Nürnberg. Vergangen scheinen die Zeiten, in denen der Club auf die sogenannten "Feuerwehrmänner" angewiesen zu sein glaubte. Fast schon reflexartig wurde auch diesmal der Name des einstigen Oberlöschmeisters der Liga, Felix Magath, ins Gespräch gebracht - doch eine ernsthafte Variante war er wohl nie. Nicht nur wegen der hohen Gehaltsvorstellungen, die Magath gehabt haben dürfte, - vor allem aber, weil "Quälix" einfach nicht mehr zum "neuen" 1. FC Nürnberg passt. Der Club im Jahr 2013, das ist ein professioneller Verein, der auch in Krisenzeiten wie den aktuellen nicht mehr derart ins Wanken kommt, dass er von einer Peinlichkeit zur nächsten stolpert. Das beweist der Blick auf die Zahlen. 750 000 Euro Gewinn erwirtschaftete der Club im vergangenen Geschäftsjahr, wie die Mitglieder zuletzt erfuhren. Das beweist aber auch der Blick auf das Vorgehen des Vereins bei der Suche nach einem Nachfolger für das entlassene Trainerduo Michael Wiesinger und Armin Reutershahn. Dass so eine für Bundesliga-Verhältnisse lange Suche nicht über die Bühne gehen konnte, ohne angesichts der vielen in den Medien zwangsläufig gehandelten Namen den Eindruck von Chaos zu erwecken, war klar. Dies hätte sich nur verhindern lassen, wenn der Club die schnelle, die scheinbar einfache Lösung mit einem der üblichen Verdächtigen gewählt hätte. Hat er aber nicht. Die Botschaft dahinter: Der 1. FC Nürnberg ist ein gefestigter Verein, der inzwischen auch in schwierigen Situationen daran glaubt, nicht überstürzt handeln zu müssen. Die Handschrift, die diese Botschaft trägt, ist jene von Manager Martin Bader. Der Leib gewordene Ruhepol des FCN ist es allen voran, der seit Jahren im Zusammenspiel mit Finanzvorstand Ralf Woy den Verein von einem Chaosklub hin zu einem etablierten Bundesligisten entwickelt hat. Dass der FCN nun doch wieder in einer Situation steckt, die ihn der 2. Bundesliga bedrohlich nahe bringt, ist indes kein Beweis für eine grundsätzliche Fehlentwicklung, wie sie Bader in den Nachwehen der Wiesinger-Entlassung teils vorgeworfen wurde. Sicher ist der als "harter Hund" titulierte 51-jährige Verbeek eine Abkehr vom Modell des jungen und eher verbindlichen Trainers, wie Wiesinger einer war. Doch insgesamt ist die Lage des FCN vielmehr ein Beweis für die Stärke der Bundesliga und dass eben auch in anderen deutschen "Fußballunternehmen" professioneller als je zuvor gearbeitet wird. Umso wichtiger scheint in dieser Hinsicht die Verpflichtung der Person Verbeeks zu sein - bei aller Vorsicht, die bei einem neuen, in der Bundesliga unbekannten Trainer auch angebracht ist. Allen ersten Informationen aus dem Nachbarland nach handelt es sich bei dem 51-Jährigen vor allem um einen Coach, der über die ausgeprägte Fähigkeit verfügt, Spieler, Teams und Vereine zu entwickeln. Eine Fähigkeit, die für einen Verein wie den FCN in einer aufstrebenden Bundesliga stärker als je zuvor gefordert ist, und die in der kurzen Episode Wiesinger/Reutershahn nicht zu erkennen war. Dass mit der Verpflichtung von Gertjan Verbeeks wie bei jedem neuen Trainer auch ein Risiko einhergeht, ist nicht von der Hand zu weisen. Doch es ist ein gut kalkuliertes. Das ist es, was die FCN-Fans eigentlich froh stimmen sollte in diesen Tagen. Abstiegsgefahr hin oder her.
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