Mittelbayerische Zeitung: Europa atmet auf
Kommentar zur Präsidentschaftswahl in Frankreich
Regensburg (ots)
Gerade noch mal gut gegangen: Die Erleichterung über den - wenn auch knappen - Vorsprung von Emmanuel Macron bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich drückte sich am Tag danach in Euro und Cent aus. Die Börsen in Frankreich und anderen EU-Ländern reagierten mit deutlichen Kursgewinnen, der deutsche Leitindex Dax hüpfte vor Freude auf den Rekordwert von 12 398 Punkten. Der Faktor Wirtschaft spielte auch für das Ergebnis von Marine Le Pen eine entscheidende Rolle. Unternehmer zitterten vor einem Sieg. Bürger in Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit identifizierten sich mit der Wut-Bürgerin. Aber große Teile des Wahlvolks konnte die Extremistin auf Frexit-Kurs nicht überzeugen. Mit ausländer- und EU-feindlichen Parolen lässt sich eben das Bruttosozialprodukt nicht pushen. Nach dem unbeliebten und unfähigen Francoise Hollande, der Frankreich, Hand in Hand mit den Gewerkschaften, in die Flaute geführt hat, will das Land den Wechsel - und den Wohlstand. Den Turn soll jetzt Emmanuel Macron schaffen. Der Newcomer mit dem sehr geschickt gewählten Slogan "En marche! la France" steht für Mitte statt Rechtsaußen, für den Aufbruch in die Zukunft statt den Blick nach Rückwärts, für Miteinander statt allein gegen alle, und nicht zuletzt für Unschuld. Als parteiloser Quereinsteiger beruht ein Großteil von Macrons Charme auf seiner Position außerhalb des Establishments. Nicht zufällig hat Le Pen noch in der Wahlnacht versucht, Macron in die Riege der etablierten, volksfernen Politiker-Clique einzubetten. Für die Stichwahl wird es entscheidend sein, ob der Ex-Investmentbanker, Ex-Wirtschaftsminister und Ex-Sozialist sein Image als unbelastete Führungsfigur wahren kann. Frankreich hat gelernt: Von Donald Trump, dass auch das Unfassbare wahr werden kann. Vom Brexit, welch tiefgreifende, kaum überschaubare und keineswegs hoffnungsfrohe stimmende Konsequenzen die Abwendung von Europa nach sich zieht. Die Wahl ist noch nicht gewonnen. Aber das Ergebnis der ersten Etappe gibt Hoffnung.
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