Mittelbayerische Zeitung: Fleischdiät leicht gemacht
Zu hoher Fleischkonsum ist schlecht für die Umwelt. Das wissen wir und es lässt uns weitgehend kalt.
Regensburg (ots)
Gänsebraten? Reh, ein Weiderind? Gockel, Fisch oder Riesengarnelen? Köstliches Fleisch hat zu Weihnachten gemundet, sofern man Weihnachten feiert und sich die edle Tafelei leisten kann. Ein exquisiter Schmaus gehört in der Mehrheit zum Festtagsbrauch. Ebenso die folgende Reue ob der an den Hüften abgelagerten Pfunde. Sie wieder loszuwerden ist schwer. Aber es gibt Hilfe. Versuchen wir es mit einer Diät, die den Appetit im Kopf zügelt. Es ist ganz einfach und kann wirken: Stellen wir uns vor, Schwein oder Kuh ticken ähnlich wie wir Menschen; jedes dieser Tiere wüsste, wer es ist, erkennt individuell seine Artgenossen, mag die einen mehr, die anderen etwas weniger; es liebt seinen Nachwuchs innig, weiß um seine Nahrungsvorlieben, hat seine Lieblingsplätze, an denen es sich aufhält...sprich verfügt über eine Emotionalität und ein Bewusstsein, das uns Menschen sehr nahe kommt. Zugegeben, das klingt arg nach moralischer Keule und übersteigerter Tierliebe - zumindest nach unseren bisherigen Maßstäben. Das Unangenehme daran, wenn wir an unser Essverhalten denken, ist nur: Je mehr Biologen über die Gehirne der Tiere und Menschen erforschen, desto mehr gelangen sie genau zu diesen Ergebnissen: Das Tier Mensch und eine große Zahl anderer Tiere sind sich viel ähnlicher als je vermutet. Gerade auch im kognitiven und emotionalen Bereich. Die Distanz zwischen ihnen und Onkel Klaus oder Freundin Uschi ist geringer, als wir das gemeinhin geahnt haben. Süße Kätzchen und treue Hunde geben uns das Gefühl, dass wir uns mögen und verstehen. Deswegen bringen wir sie, genauso wie Onkel Klaus und Freundin Uschi, nicht zum Metzger, um sie abends an Rotkohl und Spätzle angerichtet zu genießen. Aber es gibt - außer im Geschmack vielleicht - keinen wesentlichen Unterschied dieser geliebten Haustiere zu Kuh, Schwein und Ente. Nun liegt im Verspeisen dieser Tiere vielleicht nicht einmal das größte Dilemma. Mindestens ebenso bedenklich erscheint, wie wir mit diesen Lebewesen während ihres stark abgekürzten Lebens umgehen. Die Tierhaltung ist allein auf Kosteneffizienz und Ertrag ausgerichtet. Bedürfnisse des Tieres über die Nahrungsaufnahme hinaus sind da zumeist hinderlich, deshalb unterbinden wir sie. Das ist schlicht brutal. Ein Schwein wird in der Massenhaltung nicht wie ein eigenständiges Wesen behandelt, sondern so, als wäre es schon Wurst oder Braten. Wir zwingen den größten Teil der Erdenbewohner in ein todunglückliches Leben. Wir haben es geschafft, dass uns die Tierwelt nahezu komplett untertan ist: Gemessen an der Biomasse sind heute 36 Prozent der Säugetiere Menschen, 60 Prozent seine Nutztiere. Nur vier Prozent leben in freier Wildbahn. Ein bisschen Reh und Hase in Wald und Wiese leisten wir uns noch, aber der Anteil schwindet ständig weiter. Dies legt unser Verhaltensmuster klar offen. Die Maxime unseres Handelns ist stets der größtmögliche Nutzen für den Menschen - ein reichlich primitiver und offen egoistischer Grundsatz für die Krone der Schöpfung. Diese Egozentrik ist allen großen Religionen genauso gemein wie dem Humanismus. Der Mensch steht stets im Mittelpunkt. Jedes Menschenleben zählt mehr als zehn-, tausend-, millionenfaches anderes Leben. Wo endet dieser Maßstab, was rechtfertigt er denn noch alles? Es zeigt sich längst, dass der Mensch der Welt und auch sich selbst damit keinen Gefallen tut. Verschmutzte Böden und Gewässer, Klimawandel, Abholzung der Urwälder - an all dem hat unser Fleischkonsum seinen fetten Anteil. Es gibt also genügend Gründe, seine Ernährung auf weniger Fleischkonsum auszurichten. Am meisten wäre gewonnen, wenn wir den Nutztieren ein Leben zugestehen würden, das ihren gesamten Bedürfnissen nahekommt. Bis dahin darf ein schlechtes Gewissen den Appetit gesund zügeln.
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