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Mittelbayerische Zeitung: Weltmeister im Jammern
Bundestrainer Joachim Löw sortiert radikal aus. Thomas Müller reagiert beleidigt und wirft dem Coach schlechten Stil vor. Den zeigt er damit aber nur selbst. Von Jürgen Scharf

Regensburg (ots)

Thomas Müller hat einen Volltreffer gelandet. Allerdings nicht auf dem Fußballplatz, sondern im Internet. Sein Video, in dem er Bundestrainer Joachim Löw schlechten Stil vorwirft, ist ein Renner. Mehr als zweieinhalb Millionen Mal wurde es bislang angeklickt. Ganz Fußball-Deutschland diskutiert über Müllers Kritik am Nationalcoach. Die hat der Stürmer des FC Bayern München übrigens schön verpackt. Zunächst führt er in seinem Video aus, dass er sportliche Entscheidungen grundsätzlich akzeptiere, zum Schluss dankt er noch seinen Fans für die Unterstützung. Seine Meinung über Löw hat er dazwischen rein gepresst. Die ist allerdings nicht viel mehr als ein nebulöses Gestichel. Der Einzige, der hier bislang wirklich schlechten Stil unter Beweis gestellt hat, ist damit Müller selbst. Thomas Müller ist ein echtes Original. Einer, den die Fans einfach richtig mögen. Der Urbayer wurde beim FC Bayern zum Star und gewann mit seinem Klub alles, was es zu gewinnen gibt. Mit der Nationalmannschaft wurde er dann auch noch Weltmeister. Außerdem ist Müller ein intelligenter Mensch, der sich gut und schlagfertig auszudrücken weiß. Kurzum: Dieser Mann ist zu Recht sehr beliebt. Auf dem Fußballplatz ist es allerdings immer noch so, dass Tore zählen und keine Sympathiewerte. Müller hat seit langer - manche sagen, seit sehr langer - Zeit kein wirklich herausragendes Spiel mehr gemacht. Manche Kritiker glauben auch, dass seine Art Fußball zu spielen, grundsätzlich nicht mehr gefragt ist. So weit muss man nicht gehen. Müller ist sicher immer noch ein sehr guter Fußballer. Ob er noch ein Weltklasse-Spieler ist, darf aber bezweifelt werden. Solange er diese Zweifel nicht ausräumt, muss er sich damit abfinden, dass er kein Abo auf einen Platz im Nationalteam hat. Die Art und Weise, wie ihm sein Ende in dieser Elite-Auswahl mitgeteilt wurde, habe ihm nicht gefallen, sagt Müller. Schade, dass er nicht erklärt, wie die Art und Weise denn nun genau war. Sich vor eine Kamera zu stellen und zu sagen, ein anderer habe sich schlecht verhalten, ist einfach. Wenn man diesen Vorwurf aber nicht wirklich begründet, ist es auch einfach nur unfair. Bislang ist lediglich bekannt, dass der Bundestrainer nach München gereist ist, um Müller und dessen Teamkollegen Mats Hummels und Jerome Boateng seine Entscheidung in einem persönlichen Gespräch mitzuteilen. Löw wird diese Reise höchstwahrscheinlich keinen großen Spaß gemacht haben. Er hat alleine damit aber demonstriert, dass Müller, Hummels und Boateng für ihn keineswegs nur x-beliebige Nationalspieler waren, bei denen ein Anruf reicht, sondern in der Tat verdiente Weltmeister. Wenn Müller schon austeilt, dann sollte er bitteschön auch Ross und Reiter nennen. Konkret hat er eigentlich nur kritisiert, dass der Deutsche Fußball-Bund Pressemitteilungen vorbereitet hat. Mal ehrlich: Das ist bei so einer Entscheidung ganz normal. Wahrscheinlich hätte es Müller andersrum ebenfalls als fehlende Wertschätzung ausgelegt, wenn der DFB sich nicht vorbereitet hätte. Solange keine anderen Fakten auf den Tisch gelegt werden, wirkt Müller wie einer, der beleidigt ist und nachtritt. Genauso verwunderlich ist übrigens die Reaktion seines Arbeitgebers. Der FC Bayern sah sich veranlasst, eine offizielle Stellungnahme abzugeben, in der Zeitpunkt und Umstände der Bekanntgabe an die Spieler als "fragwürdig" bezeichnet wurden. Das wirft die Frage auf: Gibt es denn einen guten Zeitpunkt dafür, eine schlechte Nachricht zu überbringen? Klare Antwort: Nein! Vielleicht hätte der FC Bayern gut daran getan, Thomas Müller zu ermuntern, die eigenen Leistungen kritisch zu hinterfragen, statt gegen den Bundestrainer auszuteilen. Mal abwarten, was der Klub dazu sagt, wenn Müller das nächste Mal mosert, weil er von seinem Vereinscoach Niko Kovac nicht berücksichtigt wurde. Rückendeckung ist schön und gut. Manchmal ist die Wahrheit aber besser.

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