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Mittelbayerische Zeitung: Olaf Scholz beendet das Trauerspiel/Das Kandidatenfeld für die neue SPD-Führung glich bisher einem letzten Aufgebot/Leitartikel zur SPD von Andreas Brey

Regensburg (ots)

Es ist peinlich, was die SPD-Mitglieder in den letzten Tagen geboten bekamen. Nach und nach tauchten neue Namen auf, die sich im Dezember um den Parteivorsitz bewerben wollen. Und nach und nach lösten diese - selbst bei politisch Interessierten - reflexartiges Kopfschütteln aus. Man muss sich die Namen auf der Zunge zergehen lassen: "Petra Köpping/Boris Pistorius", "Gesine Schwan/Ralf Stegner", "Nina Kampmann/Michael Roth", "Simone Lange/Alexander Ahrens", "Karl Lauterbach/Nina Scheer". Egal mit welcher dieser fünf Doppelspitzen - der weitere Weg der Sozialdemokraten wäre vorgezeichnet. Und zwar weiter steil nach unten. Diese Namen gleichen einem letzten Aufgebot. Von den bisher einzigen Einzelkandidaten (Robert Maier und Hans Wallow) ganz zu schweigen. Vizekanzler Olaf Scholz höchstpersönlich hat am Freitag dieses sozialdemokratische Trauerspiel beendet. Endlich wirft ein politisches Schwergewicht seinen Ring in den Hut. Und es gibt mehrere Gründe, warum der 61-Jährige zum Glücksfall für die SPD werden könnte. Der wohl wichtigste Grund: Olaf Scholz will ganz nach oben. Das hat er mit dem letzten SPD-Kanzler Gerhard Schröder ("Ich will da rein") gemein. Von ihm durfte Scholz als Generalsekretär (2004 bis 2006) viel lernen. Auch wenn ihm seit dieser Zeit der Spitzname "Scholzomat" aufgrund seiner geschliffenen, aber mitunter inhaltsleeren Antworten lange anhaftet, entspricht dieses Bild längst nicht mehr der Realität. Scholz hat sich und sein Image erfolgreich gewandelt. Der Stratege weiß, dass eine Schlangengrube auf ihn wartet: frustrierte, verunsicherte Genossen, die panische Angst vor dem Sturz in die Bedeutungslosigkeit haben. Das ist aber seine Chance! Für den Sohn Hamburger Kaufleute spricht die lupenreine Parteikarriere: Eintritt 1975, Jusos, Parteivorstand, stellvertretender Bundesvorsitzender, kommissarischer Vorsitzender der SPD. Geliebt wird der kühle Hanseat in den eigenen Reihen wahrlich nicht. Das bewiesen seine Wahlergebnisse auf Bundesparteitagen immer wieder. Doch die SPD ist bekannt dafür, dass sie nicht davor zurückschreckt, ihre eigenen Mitglieder hart anzugehen. Und genau dieser Punkt spricht für eine Zukunft mit Olaf Scholz. Denn der leidenschaftliche Hobbyläufer hat immer wieder Ausdauer bewiesen. Er ist nicht der Typ, der schnell aufsteckt. Das wohl beste Beispiel für seine Nehmer-Qualitäten war 2017 der Umgang mit der schlimmsten Krise als Hamburger Bürgermeister. Vor dem G20-Gipfel in seiner Stadt versprach er vollmundig Sicherheit, es endete im Desaster. Doch Scholz steckte ein, schaffte den Sprung auf die ganz große Bühne und wurde zur genau richtigen Zeit Finanzminister. Er profitierte von einer bärenstarken Wirtschaft, die ihm sprudelnde Steuereinnahmen und in der Folge bundesweit gute Beliebtheitswerte bescherte. Im letzten Politbarometer wurde er unter den fünf beliebtesten Politikern auf Platz vier geführt - hinter Angela Merkel (CDU), Robert Habeck (Grüne) und Parteifreund Heiko Maas. Mit dem Außenminister kann Scholz sich das Gespräch aber sparen. Denn die SPD braucht jetzt ein gemischtes Doppel. Die Zahl der starken Frauen, die in Frage kommen, ist leider überschaubar. Die bayerischen Genossinnen haben hier Aufholbedarf. Im aktuellen Führungstrio sind mit Malu Dreyer und Manuela Schwesig zwar zwei weibliche Mitglieder. Aber Dreyer ist schwer krank (MS). Schwesig ist als Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern eine solide Option. Die charmantere Lösung heißt jedoch Franziska Giffey. Die Familienministerin steht zwar wegen Plagiatsvorwürfen aufgrund ihrer Doktorarbeit unter Druck und schließt eine Kandidatur bisher aus. Sie würde dem Duo aber nicht nur wegen ihres erfolgreichen "Gute-KiTa-Gesetzes" das bringen, was der SPD fehlt: viele Sympathiepunkte.

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