Mittelbayerische Zeitung: Ein besseres Amerika In der Präsidentschaftsdebatte der US-Demokraten stiehlt Elizabeth Warren ihren Konkurrenten die Schau.
Regensburg (ots)
Sie landete nicht so originelle Bonmots, wie Kamala Harris, die Donald Trump in ihrem Eingangsstatement der von ABC übertragenen Debatte die Leviten las und ihn dann zum Gelächter des Publikums aufforderte, nun wieder auf seinen Haussender Fox umzuschalten. Ihr fehlte die glühende Leidenschaft Beto O'Rourkes, der über den Terror weißer Rassisten in seiner Heimatstadt El Paso redete und versprach, als Präsident Kriegswaffen in Privatbesitz konfiszieren zu lassen. Die Rolle des Angreifers überließ sie Julian Castro und Bernie Sanders, die sich am Umfragen-Spitzenreiter Joe Biden abarbeiteten. Und sie ließ es nicht so menscheln wie Biden, als er erzählte, wie der Verlust seiner ersten Frau und Tochter bei einem Autounfall und später seines Sohnes Beau an Krebs dazu beigetragen haben, sich im Leben auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. In all diesen Momenten überließ Elizabeth Warren die Bühne in Houston ihren neun Mitbewerbern. Die Senatorin aus Massachusetts ließ Angriffe Bidens auf ihren Plan für eine universale staatliche Krankenversicherung ebenso abperlen, wie die "fröhliche Kriegerin" selber auf Schläge unter die Gürtellinie verzichtet. Stattdessen lieferte die ehemalige Harvard-Professorin beim ersten gemeinsamen Auftritt der zehn führenden Präsidentschaftskandidaten auf einer Bühne eine Lehrstunde in politischer Kommunikation. Warren schafft es, komplizierte Dinge, gesprenkelt mit ein paar persönlichen Anekdoten, einfach zu erklären ohne in Phrasen abzugleiten. Lizzy, wie ihre Fans sie nennen, ist echt. Elegant brachte sie ihre Argumentation immer wieder zu dem zentralen Thema ihres Wahlkampfs zurück. Wie "das große Geld" in den USA, das Gesundheitswesen, das Militär oder die Waffen- und Steuergesetze korrumpiert. Im Unterschied zu Bernie Sanders, der wie ein Roboter die Argumente aus dem letzten Wahlkampf wiederholt, zündete Warren ein Ideenfeuerwerk ab. Die 70-jährige Kandidatin, die aus ganz kleinen Verhältnissen in Oklahoma den Aufstieg schaffte, verkörpert, wonach sich viele Amerikaner sehnen: Authentizität, Unaufgeregtheit und eine Vision, die an das Beste in der Nation appelliert. Wohl auch deshalb ist Warren die einzige im Bewerberfeld der Demokraten, die in den vergangen Monaten deutlich zulegen konnte. Nach dieser soliden Debatte in Houston spricht alles dafür, dass ihre Chancen weiter steigen, Sanders als Hoffnungsträger der Progressiven abzuhängen und Biden die Kandidatur streitig zu machen. Zumal es der Ex-Vizepräsident seit seinem Eintritt in das Rennen im April nicht vermochte, Wähler hinzuzugewinnen. Er führt das Feld zwar noch an, steckt aber an der 30-Prozent-Marke fest. Sein Auftreten in Houston erklärt, warum. Nach einem kraftvollen Auftakt im ersten Teil der Debatte baute er rapide ab. Biden wirkte fahrig, versprach sich ein ums andere Mal und schafft dann einen Moment, der ihn als Kandidat definieren wird. Biden riet Eltern, bei der Erziehung ihrer Kinder am Abend öfter mal "den Plattenspieler" anzustellen. Die Kolumnistin der New York Times Gail Collins ätzte, der Ratschlag sei so gestrig wie der Kandidat. Was ihn nicht disqualifizieren müsse, weil Vinyl-Platten wieder chic seien. Wenn die dritte Präsidentschaftsdebatte etwas klar gemacht hat, dann sind es die ideologischen Schlachtlinien bis zu den ersten Vorwahlen im Februar 2020. Ansonsten bleibt bei den Demokraten vorerst alles offen. Für Donald Trump macht das Ergebnis keinen Unterschied. Er ließ ein Flugzeug über der Universität mit einem Banner kreisen, das seine Wahlkampfstrategie vorwegnimmt, egal wer für die Demokraten antritt: "Sozialismus wird Houstons Wirtschaft umbringen! Wählt Trump 2020!"
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