Stoppschild für Maskendealer
Das neue Abgeordnetengesetz reagiert konsequent auf die verheerende Maskenaffäre. Es setzt klare Regeln. Das ist gut so - und trotzdem auch schade. Von Christine Schröpf
Regensburg (ots)
Ob wirklich alle Schleichwege für die "Gschäfterlmacher" unter den Landtagsabgeordneten gestopft sind, wird sich zeigen. Die Maskenaffäre hat bewiesen, welchen Erfindungsgeist einzelne Politiker bei anstößigen Geschäftsmodellen an den Tag legen. Die Bayern-Koalition aus CSU und Freie Wähler erhöht die Hürden jedenfalls kräftig. Das ist gut so - auch wenn sich die CSU erst als Konsequenz auf grobes Missverhalten in den eigenen Reihen und nach sanftem Schubs des Koalitionspartners bewegt hat. Passagen des geplanten Regelwerks hinterlassen trotzdem ein schales Gefühl. Denn es bleibt die Frage, warum explizit und offiziell verboten werden muss, was sich eigentlich von vornherein gebietet. Das Landtagsmandat verpflichtet, die Interessen der Bürger zu wahren. Es ist keine Plattform, um per Insiderwissen neue Geschäftsfelder zu erschließen. Somit ist es verheerend, dass Abgeordnete im Land wie im Bund in der Corona-Krise von Maskenproduzenten fürs Türen-Öffnen in Ministerien und Assistieren bei lukrativen Verträgen insgeheim hohe Summen kassierten. Das hat Deals verteuert - zu Lasten der Steuerzahler. In der Krise wird schließlich kein Monopoly-Geld verteilt. Als Politiker an der Pandemie verdienen: Das tut man schlicht nicht. Gleiches gilt, wenn Rechtsanwälte unter den Abgeordneten sich von Mandanten dafür bezahlen lassen, gegen Ministerien vorzugehen. Es ist zwar originäre Aufgabe, die Arbeit der Regierungsbehörden zu kontrollieren - allerdings nicht im Interesse Einzelner, sondern im Sinne der Allgemeinheit. Der Platz dafür ist das Parlament. Wer das schriftlich braucht, kann es künftig im Gesetz nachlesen. Das Offenlegen von Nebeneinkünften ab dem ersten Euro, Transparenz bei Unternehmensbeteiligung ab fünf Prozent und bis zu 24 Monate Karenzzeit für Minister beim Wechsel in die private Wirtschaft, sofern der neue Job zu sehr vom Kabinettswissen profitiert: Die Gesetzesvorlage berücksichtigt viele Szenarien, bei denen rote Linien zu ziehen sind. Die Erfahrung lehrt leider, dass Lücken gesucht und gefunden werden. Zur Wahrheit zählt: Das geplante Gesetz zielt nur auf wenige Abgeordnete. Sie haben mit ihrem Fehlverhalten bedauerlicherweise die vielen Anderen in Misskredit gebracht, die mit großer Leidenschaft dafür arbeiten, dass es in Bayern gut läuft. Wer Zweifel daran hat, sollte sich in Livestreams von Landtagsausschüssen oder nächtliche Plenardebatten klicken. Dort ist zu sehen, wie ernsthaft um Lösungen gerungen wird - zwar nicht immer, aber oft. Die CSU hat in der Maskenaffäre die Brandmauer früh hochgezogen. Der tief verstrickte CSU-Abgeordnete Alfred Sauter ist auf Druck seiner Partei im März aus der Landtagsfraktion ausgetreten und kam damit einem Ausschluss zuvor. Das Abgeordnetengesetz ist der zweite konsequente Schritt. Denn es zählt zum politischen Einmaleins, dass der größte Schaden zumeist nicht durch den eigentlichen Skandal, sondern durch halbherziges Gegensteuern passiert. Nichts geht nicht besser: Die Koalition sollte ergänzende Vorschläge der Opposition nicht wegwischen. Die Grünen haben ein Bündel an Ideen. In der SPD wird die Debatte leider vom ausgeprägten Skandalisierungstrieb des neuen Fraktionschefs überlagert. Florian von Brunn sieht die Maskenaffäre als Chance, der CSU im Wahljahr ans Zeug zu flicken. Er schießt dabei allerdings gegen jede und jeden, der sich im Umfeld der Deals bewegte, egal wie stark oder schwach die Indizien sind. Die CSU steht für ihn wegen Affären der Vergangenheit unter Generalverdacht. Das trifft tatsächlich einen wunden Punkt - doch hat die SPD je groß von Schwächen der CSU profitiert? Mehr Trennschärfe bei Attacken wäre gut. Es geht auch hier um die Glaubwürdigkeit des Parlaments.
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