Greenpeace wirft Gen-Forschern Heuchelei vor
Auch renommierte Wissenschaftler melden Patente auf menschliche Gene an
Hamburg/München (ots)
Nach der gestern bekannt gegebenen weitgehenden Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes warnt Greenpeace vor einer weiteren Patentierung menschlicher Gene. Die Umweltschützer werfen den am internationalen Human-Genom-Projekt (HGP) beteiligten Firmen und Institutionen vor, ihre Absichten bei der Patentierung menschlicher Gene zu verschleiern. Vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München informiert Greenpeace heute morgen anlässlich der Jahrespressekonferenz des Amtes über das wahre Ausmaß der Gen-Patentierung.
Nach Unterlagen, die Greenpeace vorliegen, haben nicht nur umstrittene private Firmen wie Celera und Incyte Patente auf menschliche Gene angemeldet. Auch Wissenschaftler, die sich in jüngster Zeit mehrfach gegen die Patentierung menschlicher Gene ausgesprochen haben, bemühen sich um Patente von Genen. So hat der Jenaer Forscher Andre Rosenthal, der am internationalen Genom-Projekt forscht, über ein Dutzend Patente auf Gene beantragt, die er aus der Prostata, der Bauchspeicheldrüse, der weiblichen Brust, der Gebärmutter, Eierstöcken und der Blase isoliert hat. Auch der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Ludwig Winnacker, hat bereits vor über zehn Jahren Patentanträge auf menschliche Gene für Insulin und Interferon gestellt, die auch erteilt wurden.
"Wenn Wissenschaftler immer nur die Gen-Patente der Anderen als Hemmnis für die Forschung anprangern, aber selbst ihre Entdeckungen als Erfindungen anmelden, dann ist das Heuchelei", sagt Christoph Then, Gentechnik-Experte von Greenpeace, in München. "Seriöse Forscher sollten einen Beitrag dazu leisten, dass diese absurden Patente auf Leben nicht mehr möglich sind. Patente auf menschliche Gene hemmen den medizinischen Fortschritt." Inzwischen lehnen die Bundesärztekammer und die Europäische Ärzteschaft Patente auf menschliche Gene ab. Auch die europäische Sektion der Weltgesundheitsorganisation WHO kritisiert diese Patente.
Einige Politiker und Wissenschaftler erwecken den Eindruck, sie würden sich erfolgreich daran beteiligen, die Patentierungswut zu verhindern. Dabei handelt es sich nach Ansicht von Greenpeace um eine gezielte Desinformation. Denn das Justizministerium will tatsächlich gegen alle Einwände eine EU-Richtlinie umsetzen, mit der Patente auf menschliche Gene erstmals für zulässig erklärt werden.
Greenpeace fordert einen Stopp der Patentierung von Genen und Lebewesen, da Gene das gemeinsame Erbe der Menschheit sind, das nicht monopolisiert werden darf. Patente stellen zudem ein Hindernis für die Medizin dar, da sie andere Wissenschaftler von aussichtsreichen Forschungsprojekten abhalten. Die Umweltorganisation fordert eine grundlegende Revision der EU-Richtlinie. Außerdem soll eine internationale Kommission wegen einer Serie von Skandalen die Praktiken und die Strukturen des EPA durchleuchten und vorschlagen, wie die Patentierungspraxis geändert werden soll.
Achtung Redaktionen: Rückfragen bitte an Christoph Then, Tel. 0171-8780 832, und Pressesprecher Michael Hopf, Tel. 040-30618-344. Internet: www.greenpeace.de
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