Bundesumweltministerium bestätigt Greenpeace-Einschätzung: Explosion verursachte Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel
Hamburg (ots)
Kühlleitung am Reaktordruckbehälter auf 2-3m Länge zerfetzt
Experten des Bundesumweltministeriums (BMU) sowie Vertreter von TÜV und Landesaufsichtsbehörde haben bei einer Inspektion des Reaktors in Brunsbüttel einen weitaus größeren Schaden festgestellt, als zuvor angenommen. Der Störfall wird am Vormittag vom BMU im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bewertet. In einem Greenpeace vorliegenden Bericht aus der Behörde heißt es, dass eine massive Kühlleitung "über eine Länge von 2-3 Metern völlig zerborsten" sei. "Ca. 25 Trümmerstücke lagen im Umkreis der beiden Bruchstellen, d.h. von der Leitung fehlten 2 bis 3m gänzlich." Als Ursache vermutet die Betreiberfirma HEW eine "Wasserstoffexplosion".
Für die Experten des BMU ein Grund zur Sorge: "Wäre die Explosion (...) etwa 3 bis 4 Meter weiter in Richtung Reaktordruckbehälter aufgetreten, so wäre die druckführende Umschließung partiell zerstört worden." Damit wäre es zu einem Leck im sensibelsten Teil des Reaktors gekommen. Dieser Störfall wirft sowohl nach Ansicht des BMU als auch nach Auffassung der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde "sehr komplexe Sicherheitsfragen" auf, die in dieser Form "neu" seien. Das AKW Brunsbüttel ist nach wie vor abgeschaltet.
"Der Bericht des Ministeriums liest sich wie ein Krimi", sagt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. "Das Papier bestätigt, dass wir nur knapp an einem schweren Unfall vorbei geschlittert sind." Greenpeace fordert die endgültige Stilllegung des AKWs Brunsbüttel. Edler folgert: "Wenn die Aufsichtsbehörden ihre Glaubwürdigkeit gegenüber der Öffentlichkeit bewahren wollen, müssen alle Siedewasserreaktoren in Deutschland zur Überprüfung der Explosionsgefahr bis auf Weiteres vom Netz genommen werden." Zudem muss die Position der Aufsichtsbehörden gegenüber den Betreiberfirmen gestärkt werden. Edler: "Es kann nicht angehen, dass die Betreiber monatelang die Untersuchung von Störfällen blockieren können."
Die eigentliche Unfallstelle war erst nach zwei Monaten, am 18. Februar 2002, von der HEW in Augenschein genommen worden, obwohl eine Dampfleckage schon am 14. Dezember vergangenen Jahres auf den Störfall hingewiesen hatte. Das BMU zweifelt deshalb in seinem Bericht die Zuverlässigkeit des Betriebers an, der "trotz vorliegender Meldungen auf der Warte nur die harmloseste Variante unterstellt hat und nicht bereit war eine Inspektion durchzuführen." Da bisher nicht geklärt ist, wieso im Kühlkreislauf ein explosionsfähiges Wasserstoff/Sauerstoff-Gemisch entstehen konnte, fordert das BMU auch eine Untersuchung in den fünf weiteren deutschen Siedewasserreaktoren Gundremmingen 1 und 2, Philppsburg 1, Krümmel und Isar 1.
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