Wege aus der Depression: Doku und Wissenstalk "scobel" in 3sat
Mainz (ots)
Donnerstag, 13. Februar 2020, ab 20.15 Uhr Erstausstrahlungen
Depressionen sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit die zweithäufigste Krankheit. Trotzdem weiß man bislang wenig über Entstehung und Ursachen. "Wissenschaft am Donnerstag" zeigt am 13. Februar 2020 in 3sat die Dokumentation "Neustart fürs Gehirn: Wege aus der Depression" von Julia Zipfel und im Anschluss, um 21.00 Uhr, den Wissenstalk "scobel: Depression - alte Mythen, neue Wahrheiten".
Weltweit kämpfen mehr als 300 Millionen Menschen mit Depressionen. Ein Viertel der Betroffenen spricht weder auf Psychopharmaka noch auf eine Psychotherapie an. Versuche, Depressionen wie andere Krankheiten mit Medikamenten zu behandeln, erscheinen mittlerweile fragwürdig. Der amerikanische Psychiater Dr. Irving Kirsch von der Harvard Medical School hat sowohl veröffentlichte als auch unveröffentlichte Studien von Pharmafirmen ausgewertet, mit denen sie sich um die Zulassung ihrer Präparate bewarben. Das Ergebnis: In allen Studien war ein Placebo fast genauso wirksam wie das Medikament. Der Unterschied ist laut Kirsch zwar "statistisch, aber nicht klinisch relevant".
Filmautorin Julia Zipfel, die selbst an Depressionen leidet, beleuchtet in ihrer Dokumentation "Neustart fürs Gehirn: Wege aus der Depression" Hintergründe der Krankheit und stellt neue Studienergebnisse sowie alternative Behandlungsmöglichkeiten zu Psychopharmaka vor. Behandlungsmöglichkeiten wie der Elektrokrampftherapie (EKT), bei der Stromschläge ins Gehirn gegeben werden, vertrauen selbst viele Fachärzte nicht. Eine Weiterentwicklung der Hirnstimulation ist die Transkranielle Magnetstimulation (TMS), die zielgerichtet bestimmte Hirnareale ansteuert und - im Gegensatz zur EKT - ambulant durchgeführt wird. Der Wirkstoff Ketamin, als Narkosemittel und Partydroge bekannt, rückt immer mehr in den Fokus der Psychiater, denn seine antidepressive Wirkung tritt sehr schnell ein.
Im Anschluss, um 21.00 Uhr, folgt der Wissenstalk "scobel: Depression - alte Mythen, neue Wahrheiten". Lange Zeit unumstößliches Wissen über die Krankheit und ihre Behandlung gerät bei Forschern zunehmend in die Kritik oder weicht neuen Erkenntnissen. Mit seinen Gästen diskutiert Gert Scobel, wie man Depressionen am besten behandelt und welche Strategien Betroffene und die Gesellschaft brauchen, um in Zukunft wirkungsvoll mit Depressionen umgehen zu können.
In Deutschland, wo schätzungsweise vier Millionen Menschen unter der Krankheit leiden, sind Therapieplätze Mangelware. Das therapeutische Gespräch stellt immer noch eine Königsdisziplin der Behandlungsmethoden dar, wenn auch Langzeitverfahren wie die Psychoanalyse durch den Kostendruck im Gesundheitswesen immer mehr an den Rand gedrängt werden. Online-Therapien drängen auf den Markt, und gerade wurde die systemische Psychotherapie als viertes Behandlungsverfahren zugelassen. Obwohl die Wirksamkeit der klassischen Antidepressiva immer wieder von Experten angezweifelt wird, stiegen die Verschreibungen von 2007 bis 2017 dagegen um rund 50 Prozent.
Gert Scobels Gäste:
- Tom Bschor, Psychiater und Chefarzt der Berliner Schlosspark-Klinik
- Dietrich Munz, Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut an der Sonnenbergklinik Stuttgart und seit April 2015 Präsident des Vorstands der Bundespsychotherapeutenkammer
- Bernhard Baune, Psychiater und Direktor der Klinik für Psychische Gesundheit am Universitätsklinikum Münster
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