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PHOENIX PROGRAMMHINWEIS
Samstag, 30. September 2000

Köln (ots)

Thementag
   Widerstand in der DDR - Menschen und Schicksale
Ohne den Widerstand der Bevölkerung der DDR gegen das Regime wäre
es kaum zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten gekommen.
Zum 10. Jahrestag der deutschen Einheit widmet PHOENIX diesem
Widerstand, der nicht erst mit den "Montagsdemonstrationen" in
Leipzig begann - dessen Spuren sich vielmehr seit Anbeginn des
kommunistischen Systems zurückverfolgen lassen, heute einen ganzen
Thementag. Gesprächsrunden mit Beteiligten und Zeugen,
Dokumentationen und der preisgekrönte 2-teilige Fernsehfilm
"Nikolaikirche" nach dem gleichnamigen Roman von Erich Loest  zeigen
die vielen Facetten des Widerstands in der DDR. Menschen mit
Zivilcourage, Menschen mit Mut und dem Wunsch nach einem freien,
selbstbestimmten Leben stehen im Mittelpunkt des PHOENIX-Thementages.
   Durch den PHOENIX-Thementag führen Ines Arland und Jürgen Engert.
9.15 Uhr  Juni-Aufstand. Der 17. Juni 1953
"Es herrscht Ausnahmezustand in Ost-Berlin!", triumphierte damals
die westdeutsche Wochenschau, doch da war schon alles wieder vorbei.
1953, im Jahr vier der DDR, hatten die Menschen für einen Tag die
Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Begonnen hatte alles mit einem
spontanen Streik in der Ost-Berliner Stalin-Allee. Die Bauarbeiter
dort waren nicht bereit, von der SED verordnete Normerhöhungen
hinzunehmen. Die Partei gab nach, doch in Ost-Berlin und der DDR
brach trotzdem ein Aufstand los, der für Stunden die Existenz des
anderen deutschen Staates in Frage stellte. Im Westen feierte man
dies später als "Tag der deutschen Einheit". Im Osten blieb der
schwärzeste Tag der SED ein Tabu. Der Film erzählt die aufregende
Geschichte, als die "herrschende Klasse" der DDR, die Arbeiter,
aufstanden, um ihre Herrscher zum Teufel zu schicken und wie sie
dabei scheiterten. Viele Zeitzeugen, die in diesem Film zu Wort
kommen, mussten zu SED-Zeiten schweigen, zum Beispiel die
Lokalreporterin vom "Neuen Deutschland", deren Reportage die Streiks
mit auslöste, die Tontechnikerin, die den Aufstand im Funkhaus
erlebte oder der junge Fotograf, der mit seiner Kamera auf der Straße
Unter den Linden dabei war, als die russischen Panzer vorfuhren. Beim
Studium der Akten aus den Archiven des Ministeriums für
Staatssicherheit stellte sich heraus, dass die später allgegenwärtige
und allwissende Stasi der DDR von dem Aufstand überrascht wurde.
   Dokumentation von Carl-Ludwig Paeschke
10.00 Uhr   Einmischung in innere Angelegenheiten
   Protokoll einer Ausweisung
Als die Behörden der DDR den ersten Fernsehkorrespondenten der ARD
in Ostberlin zu Weihnachten 1976 auswiesen, warfen sie ihm u.a.
"Einmischung in innere Angelegenheiten der DDR" vor. Von diesem
Vorwurf leitet sich der Titel des Films her, in dem Lothar Loewe die
Bilanz seiner mehrjährigen Berichterstattung über die DDR zunächst
als Reisekorrespondent und später als akkreditierter Korrespondent
mit Sitz in Ostberlin zieht. Der Dokumentarbericht spiegelt das
Selbstverständnis der DDR-Führung wider, wie es sich auf dem letzten
SED-Parteitag in den Äußerungen prominenter Funktionäre ausdrückte.
Er enthält aber auch Beiträge über den tragischen Tod von Pfarrer
Brusewitz und das Schicksal der ersten Bürgerrechtsbewegung in der
DDR in der sächsischen Industriestadt Riesa: Themen, deren
Darstellung im westdeutschen Fernsehen die Ostberliner Führung
zutiefst beunruhigte. Der Ablauf der Ereignisse des zweiten
Halbjahres 1976 in der DDR stellt Lothar Loewe und seine Kollegen vor
die schwierige Frage, ob sie ihre journalistische
Berichterstattungspflicht erfüllen oder gewisse Themen mit Rücksicht
auf die Empfindlichkeit mancher Mitglieder der DDR-Führungsspitze
doch lieber aussparen wollten. Wie in der damaligen Berichterstattung
kommen auch in diesem Film unbekannte DDR-Bürger ebenso zu Wort wie
SED-Chef Erich Honnecker, der Schriftsteller Stefan Heym, der
geächtete Professor Robert Havemann und Staatssekretär Günter Gaus.
   Ein Film von Lothar Loewe
11.05 Uhr Bürger für Biermann
   1976 - Opposition in der DDR
   Im November 1976 gibt der Ost-Berliner Liedermacher Wolf Biermann
ein Konzert in der ausverkauften Kölner Sporthalle - tags darauf wird
er von der DDR-Regierung ausgebürgert. Fünf junge Leute, die im
thüringischen Jena gegen diesen Gewaltakt protestieren, geraten - wie
viele andere - in die Fänge von Stasi und Staatsanwaltschaft, werden
verfolgt, verhaftet, schließlich aus ihrem Land verjagt. Sie wollten
den "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", wollten die bessere DDR -
in den Westen wollten sie nicht. 1994 - fast zwei Jahrzehnte später -
treffen sich die Fünf in Jena wieder und erzählen von damals: Was hat
sie zu Oppositionellen gemacht, was trieb sie um in jenen
folgenschweren Novembertagen, was hat ihnen die Kraft gegeben,
Bespitzelung, Verrat und sogar den Tod eines Freundes in der Haft zu
überstehen?
   Dokumentation von Sabine Reinhold
13.20 Uhr "Es war viel schlimmer..."
   Szenario einer gescheiterten Ausbürgerung
Der Film rekonstruiert den Ablauf der gescheiterten Ausbürgerung
von Robert Havemann aus der DDR anhand von Stasi-Akten und
Zeitzeugen, wie der Regimekritikerin Katja Havemann, Jürgen Fuchs,
den Rechtsanwälten Enrique Gimbernat und Götz Berger, Herbert
Landmann - Havemanns Hausarzt und aktenkundig als "IM Chef" - Gregor
Gysi, dem Politologen Hartmut Jäckel und dem Pfarrer Johannes Meinel.
   Ein Film von Margit Geßner
15.20 Uhr  Der Herr der Akten - Joachim Gauck
"Wir träumten vom Paradies und wachten in Nordrhein-Westfalen
aus". Joachim Gauck, der dies in seiner berühmten Rede im Bundestag
sagte, geht in den Ruhestand. Ein ausgezeichneter Redner, ein mutiger
Streiter gegen Diktatur und Vergessen und seit Beginn seiner Amtszeit
so bekannt, dass die Behörde nach ihm benannt wurde. Joachim Gauck ,
Pastor und zehn Jahre lang Hüter  des hoch explosiven  Stasi-Erbes
der DDR. Das Team hat den rastlosen und nicht unumstrittenen 
Behördenchef  mehrere Wochen begleitet . Gauck sagt:" Mein ganzer Job
hat sich mit einer Heerschar von Lügnern beschäftig". Seine Gegner
bezeichnen den Mecklenburger als "Bruder Unerbittlich" und "letzten 
kalten Krieger".  Die Liste prominenter Streitfälle ist lang und
reicht von Manfred Stolpe bis Helmut  Kohl.  Der Film ist eine Bilanz
nach zehn Jahren Gauck-Behörde. Was hat die Öffnung von Millionen
Akten zur Folge gehabt? Herausgekommen ist  die spannende
Innenansicht einer Institution, die einmalig auf der Welt ist.
   Film  von Christhard Läpple
16.15 Uhr Das Stasi-Drama der Wollenbergers
Aus den Stasiakten erfuhr die Bundestagsabgeordnete der Grünen,
Vera Wollenberger, daß sie und ihre Freunde aus der Friedensbewegung
seit Anfang der 80er Jahre von ihrem Ehemann Knud im Auftrag der
Stasi bespitzelt wurden. Ihr Mann, den sie den liebevollsten Vater
der Welt nennt, hat sogar noch nach ihrer Abschiebung aus der Haft in
den Westen von den ersten Kontakten mit Bundesbürgern berichtet, als
IM Donald.
   Warum  er, der doch selbst zur Friedensbewegung gehörte, jahrelang
ausführlich über Privatleben und politische Aktivitäten, aus dem
Urlaub und aus dem täglichen Alltag seinen Führungsoffizieren Bericht
erstattet hat, versuchten Elke Hockerts-Werner und Ernst-Michael
Wingens herauszufinden.
   Daß Knud Wollenberger sich als Wegbereiter für eine friedliche
Revolution empfindet, ist nur eine der vielen ungeheuerlichen
Antworten.
   Im thüringischen Sondershausen, wo die Familie mit den zwei
Kindern gerade mit dem Umbau des von Vera Wollenbergers Großvater
geerbten Häuschens beschäftigt ist, deokumentierten die Autoren die
schwierige Phase bis zum Auszug Knud Wollenbergers, die Versuche der
Abgeordneten, die Kinderbetreuung neu zu regeln, vor allem aber mit
dieser schockierenden Enthüllung fertig zu werden.
   Film von Elke Hockerts-Werner und Ernst-Michael Wingens
18.20 Uhr Tag der Entscheidung
   Leipzig, 9. Oktober 1989
Am 9. Oktober 1989 sollte in Leipzig gegen protestierende Bürger
ein Exempel statuiert werden. Die Staatsmacht der SED-Diktatur setzte
auf Gewalt. Die Bürgerkriegsarmee von rund 8000 Mann wurde
zusammengezogen. Bereitschaftspolizei, Stasi-Truppen,
Betriebskampfgruppen und Armee-Einheiten standen bereit, um "ein für
allemal" mit der "Konterrevolution" Schluss zu machen. Es drohte eine
blutige Konfrontation nach Pekinger Muster. Doch es kam zu keinem
Einsatz, sondern zum Rückzug vor den 70000 Demonstranten. Das war der
Durchbruch. Der Tag der Entscheidung. Der Sieg der friedlichen
Revolution.
   Ohne diesen Tag hätte es keine deutsche Einheit gegeben. Dieser
Tag veränderte Deutschland und Europa. Der Film rekonstruiert mit den
Bildern von damals und Aussagen von Beteiligten das unvergleichliche
Geschehen. Wie kam es zu den Bürgerprotesten? Welche Versuche gab es,
die drohende Konfrontation zu vermeiden? Wie verliefen die
entscheidenden Stunden? Warum blieb der geplante Eingriff der Truppen
aus?
   Dokumentation von Ekkehard Kuhn
20.15 Uhr Nikolaikirche
   2-teiliger Fernsehfilm nach dem gleichnamigen Roman von 
   Erich Loest
   1. Teil
Nikolaikirche erzählt die Geschichte einer Leipziger Familie in
den unruhigen Jahren 1987 bis zu den Montagsdemonstrationen im
Oktober 1989, die den Untergang der DDR einläuteten. Am Anfang steht
der plötzliche Tod des Familienpatriarchen: Albert Bacher,
hochdekorierter Volkspolizei-Offizier, stirbt an Herzversagen.
Darüber gerät seine Tochter Astrid Protter, Architektin in der
Leipziger Stadtverwaltung, in eine tiefe Sinnkrise. Ihre Ehe mit dem
Ingenieur Harald Protter dreht sich im Kreis wie ihre Arbeit als
Architektin. Und Tochter Silke entfernt sich immer weiter von ihren
Eltern. Dunkle Wolken der Veränderung ziehen sich auch über Astrids
Bruder, Alexander, genannt "Sascha", zusammen. Alexander Bacher,
Hauptmann des Ministeriums für Staatssicherheit in Leipzig, gerät
unter immer größeren Druck. Die Opposition in der Stadt wächst.
Albert Bachers Witwe Marianne mag die rasanten Veränderungen in ihrer
Umgebung nicht wahrhaben, verschließt sich bitteren Erkenntnissen und
hält die Erinnerung an die Ideale der frühen DDR-Aufbaujahre wach. Zu
einem Zentrum geistigen Widerstandes werden die Montagsgebete und
Fürbitten in der Nikolaikirche unter Pastor Ohlbaum. Der Geistliche,
sein Superintendent, erst recht die Umweltaktivitäten von Pastor
Reichenbork im sächsischen Braunkohlerevier, geraten ins Visier des
Ministeriums für Staatssicherheit. Die Konflikte in der Familie
Bacher spitzen sich zu. Astrid, die sich der Friedensbewegung
angeschlossen hat, gerät immer öfter mit ihrem Bruder Sascha
aneinander. Selbst Mutter Marianne wird zum Observationsobjekt, als
sie Besuch aus West-Berlin bekommt. Ausgerechnet ihr Sohn erhält den
Auftrag, sie zu beschatten. Für die Bachers wie für so viele andere
gilt: Liebe wird zu Lüge, Hoffnung zur Angst, Macht zu
Machtmissbrauch. Das Geschehen treibt auf seinen dramatischen
Höhepunkt zu. Am 9. Oktober 1989 erringen die Bürger von Leipzig
einen entscheidenden Sieg. Mit ihren gewaltlosen Demonstrationen - in
ihrer Mitte auch Astrid Protter und ihr Mann - und dem Ruf "Wir sind
das Volk", machen sie den Auftakt, die DDR zu Geschichte werden zu
lassen.
   Mit Barbara Auer, Ulrich Matthes, Ulrich Mühe, Otto Sander, Ulrich
Tukur, Daniel Minetti, Rolf Ludwig u.a. Regie: Frank Beyer
Den zweiten Teil sendet PHOENIX am 3. Oktober , ebenfalls um 
20.15 Uhr.
   Fotos abrufbar unter www.ard-foto.de
Rückfragen: 
PHOENIX-Kommunikation 
Tel: 0228/9584-193

Original content of: PHOENIX, transmitted by news aktuell

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