Im Dialog: Hans-Dietrich Genscher zu Gast bei Michael Krons - Samstag, 24. Oktober 2015, 00:00 Uhr
Bonn (ots)
Der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher hält die Lage in Europa für gefährlich angespannt. "Es ist so ernst, dass es mir notwendig erscheint, dass wir einen neuen Anfang machen", mahnt er. Demokratie? Solidarität? Frieden? "Im Dialog" mit Michael Krons zieht der 88-Jährige eine deprimierende Bilanz der letzten Jahre.
Er könne auch größere Konflikte bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen wie in der Ukraine nicht ausschließen, sagte Genscher weiter. Die Ukraine-Krise habe gezeigt, dass zu wenig Rücksicht auf die besondere Sensibilität einzelner Länder genommen werde, so der FDP-Politiker, der zu Zeiten der Wiedervereinigung schwierigste Verhandlungen mit seinen russischen Kollegen geführt hat. "Das Eingehen auf die Empfindungen meines Nachbarn ist von entscheidender Bedeutung für mein eigenes Vorgehen", sagt er in gewohnt diplomatischer Art.
Mit Blick auf die "Charta von Paris" vom 21. November 1990, bei der sich 32 Staaten in Europa und die USA und Kanada auf die Ziele Demokratie, Solidarität und Frieden verpflichtet haben, fällt sein Urteil hinsichtlich der vergangenen 25 Jahre vernichtend aus.
Auch das eigene Land schont er nicht: Die Euphorie der deutschen Wiedervereinigung und des Zusammenwachsens in Europa mit dem Ende des Ost-West-Konflikts vor 25 Jahren sei tiefen Gräben und neuem Misstrauen gewichen. Er verlange einen Neustart im Bemühen um Frieden und Demokratie in Europa.
Zur Person: Hans-Dietrich Genscher, geb. am 21. März 1927, war von 1969 bis 1974 Bundesinnenminister, und von 1974 bis 1992 fast ununterbrochen Außenminister und Vizekanzler der Bundesrepublik.
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