phoenix persönlich: Ahmad Mansour im Gespräch mit Michael Krons - Freitag, 29. November 2019, 18.00 Uhr
Bonn (ots)
Der renommierte Psychologe und Islamismusexperte Ahmad Mansour warnt davor, die Gefahren durch IS-Rückkehrer zu unterschätzen. "Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass solche Leute sehr gefährlich sein können", sagt er im Gespräch mit Michael Krons in phoenix persönlich. Vor einer möglichen Deradikalisierung müssten die Täter zunächst einmal vor Gericht gestellt und für ihre Taten verurteilt werden. Die deutsche Justiz müsse deutlich machen, dass jeder IS- Terrorist für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werde. Dies sei auch wichtig um zukünftige Islamisten abzuschrecken.
Mansour kennt die Situation der Rückkehrer aus eigener Erfahrung, als Psychologe hat er mit ihnen in den Gefängnissen zu tun. Eine Deradikalisierung sei dabei immer individuell und komplex. Ein Erfolg nicht garantiert. Daneben ist Mansour, der 1976 in Israel geboren wurde und mit dem Islam aufwuchs, ein Experte, wenn es um die Auseinandersetzung mit der radikalen Auslegung des Islams geht. Er sei selber fast Opfer des Islamismus geworden, so Mansour, und er habe gerade noch den Absprung geschafft. Der Islam sei für ihn immer noch seine Religion, die ihm Orientierung und Stärke gäbe. Aber die radikale Islamisierung der Kindheit sei schwer abzuschütteln. Wenn er im Flugzeug Turbulenzen erlebe, habe er keine Angst vor dem Tod, sondern von dem, was danach komme. Als Kind habe man ihm eingetrichtert, es gebe danach die Entscheidung über Himmel oder Hölle. Diese Indoktrination aus der Kindheit könne er nicht vergessen, da sie tief sitze.
"Ich bin dann verantwortlich, wenn aus Religion Ideologie wird, dann müssen wir handeln und das ist genau das, was gerade beim IS passiert ist", sagt Mansour. "Die Rückkehrer sind nicht gefährlich weil sie Muslime sind, sondern weil sie Islamisten sind." Viele der Frauen hätten nicht nur gekocht und die Kinder betreut, sondern ihre Männer im Kampf unterstützt und Jesidinnen als Sklaven gehalten. Darum müsse auch die Trennung der Kinder von den Eltern möglich sein, fordert Mansour. Die Kinder seien oft traumatisiert und islamistisch indoktriniert. Auch für sie müssten dringend therapeutische Angebote geschaffen werden, so Ahmad Mansour. Therapie finde insgesamt aber viel zu wenig statt. "Ich kenne viele Fälle von Rückkehrern, mit denen niemand arbeitet", so Mansour. Er fürchtet, dass diese im Gefängnis versuchen würden zu missionieren: "Wir müssen aber schneller sein als die Radikalen." Sein Resümee der Gefährdungslage ist erschreckend: "Ich glaube der Politik nicht, wenn sie sagt: Seien sie entspannt, wir haben das im Griff. Wir haben nichts im Griff."
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