Gauck: Debatte über Zentrum gegen Vertreibung trägt hysterische
Züge
Meckel: Entwicklung des deutsch-polnischen Verhältnisses
erschreckend
Bonn (ots)
Die Entsachlichung der Diskussion über das geplante Zentrum gegen Vertreibung hat der ehemalige Stasi-Aktenbeauftragte Joachim Gauck beklagt. "Die Debatte trägt hysterische Züge", sagte Gauck in der Berliner PHOENIX Runde. Er warnte davor, die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, "zum Thema zu machen", so wie es zum Teil in Polen geschehe. Auch gehe es bei dem geplanten Zentrum nicht darum, "eine Plattform zu errichten, von der aus Ansprüche, gar Revisionsansprüche geltend gemacht werden." Dies sei eine bodenlose Unterstellung. Mit Blick auf die in Berlin bereits vorhandenen und geplanten Gedenkstätten wie das Holocaust-Mahnmal, die Topografie des Terrors oder die Gedenkstätte Plötzensee sagte Gauck: "Wer hier nach Berlin kommt und meint, die Deutschen wollten ihre Geschichte umdeuten, der wird sofort eines Besseren belehrt." Es gebe keinen anderen Ort, wo man das Zentrum gegen Vertreibung "besser machen könnte". Es sei eine Beleidigung der Unterstützer des Projekts, wenn man ihnen auch nur leise unterstellte, dass sie die Geschichte relativieren wollten. In derselben PHOENIX-Sendung forderte der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Meckel, dass zunächst eher über Konzepte als über Orte geredet werden müsse: "Lasst uns nicht zuerst über den Ort diskutieren, sondern über die Frage, was geschehen soll, wie wir es machen mit den anderen, und ob es wirklich stimmt, dass es egal ist, was die Polen und Tschechen darüber denken. Ich glaube es ist überhaupt nicht egal." Meckel nannte die jüngste Entwicklung des deutsch-polnischen Verhältnisses "erschreckend". Gauck verteidigte den Zeitpunkt der aktuellen Diskussion über das Zentrum gegen Vertreibung: "Jetzt, wo wir unsere Hausaufgaben gemacht haben und wo wir - anders als alle anderen Nationen, die Schuld aufzuarbeiten haben - fast neurotisch auf der Größe unserer Schuld beharren, da muss es erlaubt sein, dass wir daran denken können, dass nicht alle Täter waren."
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