Mittwoch, 5. April 2023, 21.45 Uhr
Rote Linie: Baltikum
Wie die NATO für den Ernstfall übt
Reportage von Oliver G. Becker, phoenix 2023
Bonn (ots)
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist im Visier der NATO. Deren östliche Mitgliedsstaaten beobachten den Kriegsverlauf mit größter Aufmerksamkeit und Sorge. Die rund 1.600 Frauen und Männer, die ihren Dienst in den Deutschen Streitkräften als Führungsnation der NATO-Battle-Group-Litauen versehen, arbeiten gemeinsam mit ihren Bündnispartnern "on the frontline" - direkt an der Grenze zu Russland. Sie schützen die Nord-Ost-Flanke des Verteidigungsbündnisses gegen jeden möglichen Gegner, versichern dem Baltikum Beistand im Fall von Krise, Konflikt und Krieg. Die Reportage von Oliver G. Becker begleitet für phoenix exklusiv die in ihrem Ausmaß bislang einzigartige Großübung "Griffin Lightning".
Im Frühjahr 2023 probt Deutschland unter anderem im litauischen Rukla und Pabrade gemeinsam mit NATO-Partnern aus Kroatien, Tschechien und den Niederlanden den Ernstfall: Was tun, wenn Russland wirklich das Baltikum angreift? Übung und Training sind nah an der reellen Bedrohung ausgerichtet - "train as you fight", heißt entsprechend das Motto der NATO.
Der deutsche Kontingent-Führer Oberst Wolfgang Schmidt weist auf die besondere historische Bedeutung und die gefühlte Bedrohungslage im Baltikum hin: "Aus geschichtlichen Erfahrungen ist natürlich die Wahrnehmung gegenüber möglichen aggressiven Handlungen, sei es Russlands oder Weißrusslands, wesentlich intensiver tradiert, als in der Bundesrepublik." Noch sei nicht überall angekommen, dass die Verteidigung all dessen, "wofür wir stehen - Modernität, Gedankenfreiheit, Redefreiheit - und alles, was wir als westliche Werte bezeichnen, hier beginnt", sagt Schmidt. Die Ukraine kämpfe seit über einem Jahr nicht nur gegen einen russischen Aggressor sondern auch "für unsere Freiheit". Dem pflichtet auch Panzergrenadier-Offizierin Sandra G. bei: "Ich persönlich finde, dass man für unser Land, Deutschland, die Demokratie, die wir dort genießen können und dürfen, einstehen kann".
Die Bundeswehr ist im Baltikum nicht nur seit 2016 im Einsatz der NATO "enhanced forward presence" / efp, der sogenannten "Vorwärtsverteidigung". Außerhalb der NATO-Battle-Group löst Deutschland in einem bilateralen Abkommen mit Litauen sein politisches Versprechen ein und hält eine zusätzliche Brigade zur Verteidigung des baltischen Staates bereit - auch dies ein Beitrag, um international seine Glaubwürdigkeit zu erhalten. Brigadegeneral Christian Nawrat erläutert: "Deutschland hat sich durch seine klare Schwerpunktsetzung auf das Baltikum die absolute Wertschätzung der litauischen Militärs erarbeitet. Ich kann aus meinen Gesprächen sagen, dass sich Litauens Bevölkerung über das deutsche Engagement im Baltikum freut." Entsprechend begrüßt Lieutenant General Valdemaras Rupsys von den Litauischen Streitkräfte die Stationierung der Bundeswehr und die Lieferung militärischer Ausrüstung: "Ich als Litauer sage Ihnen, dass wir so viel wie möglich bekommen möchten, ich hätte am liebsten eine ganze Division aus Deutschland hier! Es ist eine Frage der Kapazitäten, wie viel Deutschland entsenden kann und wir in Litauen stationieren möchten. Aber wir heißen mehr Truppen unserer NATO-Partner immer willkommen."
Wie reagiert die NATO auf die Bedrohung ihrer Nord-Ost-Flanke? Welche Empfindungen begleiten die Soldatinnen und Soldaten zwischen Übung und möglichem Ernstfall? Oliver G. Becker hat für seinen Film, der in Zusammenarbeit von phoenix mit der Deutschen Welle entstand, exklusive Eindrücke von einem NATO-Manöver in Litauen eingefangen, das wohl so nah wie noch kein anderes zuvor an einer realen kriegerischen Bedrohung stattfand.
Die Reportage ist ab Mittwoch, den 5. April 2023, auch in den phoenix-Channels der Mediatheken von ARD und ZDF verfügbar.
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