Grünen-Chefin Ricarda Lang: "Wir haben klare Ziele und Werte, sind aber auf dem Weg dorthin auch gerne pragmatisch"
Karlsruhe/Bonn (ots)
Vier Tage lang kommen die Grünen zu ihrem Parteitag in Karlsruhe zusammen. In der Partei brodelt es. Die Bundesvorsitzende Ricarda Lang gibt sich trotzdem zuversichtlich, dass die Mitglieder am Ende politisch geschlossen nach Hause gehen werden. Dem Vorwurf von Teilen der Parteibasis, die Grünen seien in der Ampel-Koalition eine "Werbeagentur für schlechte Kompromisse geworden", widersprach Lang entschieden. "Ich bin nicht die Chefin einer Werbeagentur, sondern die Chefin einer selbstbewussten Partei. Als diese selbstbewusste Partei haben wir klare Ziele, sind aber auf dem Weg dorthin auch gerne pragmatisch", sagte sie im phoenix-Interview zu Beginn der Bundesdelegiertenkonferenz.
Wichtig sei nun, Politik für die nächsten zwei Jahre und nicht nur für die nächsten drei Monate zu machen und den Blick für das Wesentliche zu behalten. Als Losung gab die Parteichefin bei phoenix klare Werte und Ziele aus, machte mit Blick auf die Kritiker aber zugleich deutlich: "Auf dem Weg dorthin mal kurz das Verkehrsmittel wechseln, einen kleinen Umweg gehen, das führt nicht dazu, dass man nicht mehr zum Ziel kommt. Am Ende will ich auch nicht, dass wir eine Partei sind, die nur nörgelnd am Seitenrand steht, sondern die schwierige Entscheidungen trifft, dazu steht und ihre Werte beibehält."
Die Asylpolitik gehört zu den strittigsten Punkten zwischen Parteiführung und -basis. Für Ricarda Lang ist klar: "Die Menschen, die Schutz brauchen, müssen Schutz bekommen. Die Menschen, die hier arbeiten wollen, denen soll das möglich gemacht werden. Wo beides nicht zutrifft, da können Menschen nicht bleiben." Asylpolitik könne nur mit Humanität, geordneten Verfahren und Sachlichkeit funktionieren. "Wir müssen weg kommen vom Überbietungswettbewerb der härtesten Forderungen. Nicht das machen, was am härtesten klingt, sondern das, was am meisten bringt", so Lang weiter im phoenix-Interview. In Europa fordert sie einen wirklich funktionierenden Verteilmechanismus, damit sich Länder wie Ungarn oder Polen nicht länger aus der Verantwortung stehlen könnten.
Die heute Nachmittag vom Bundesfinanzminister verkündete Aussetzung der Schuldenbremse für 2023 hält Lang für einen wichtigen Schritt für die Regierung und das Land. Die finanziellen Spielräume müssten zu dem passen, was aktuell an Hilfen notwendig sei.
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